© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 29/06 14. Juli 2006

Aufgeschnappt
"Nationalhymne. Rühren!"
Matthias Bäkermann

Was ist der Unterschied zwischen Sarah Connor und Matthias Matussek? Spätestens seit dem vergangenen Freitagabend, 22 Uhr, dürfte eine Differenz einem größeren Publikum klar sein: Das Popsternchen aus Delmenhorst kann die Nationalhymne, der Spiegel-Kulturchef nicht. Aber während der von Connor aus Nervosität verpatzten Präsentation des Liedes beim Eröffnungsspiel der Münchner "Allianz-Arena" ("Brüh' im Lichte ...") deutschlandweite Häme und ein mittlerer Karriereknick folgten, erntete der national geläuterte Spät-68er in der NDR-Talkrunde "Herman & Tietjen" nur verständnisvolle Blicke und amüsiertes Lächeln der Moderatorinnen und den anderen Gästen vom Schlage "Bully" Herbig, Cleo Kretschmer oder Ruhrpott-Kabarettist Ludger Stratmann. "Einigkeit und Recht und Freiheit - danach sollten alle streben ... oder so," stammelte Matussek kichernd, ganz aus dem Häuschen ob des eigenen Informationsdefizits.

Als sich in der folgenden Diskussion der Autor des aktuellen Patriotismus-Bestsellers (Wir Deutschen. Warum uns die anderen gern haben können, JF 23/06) mit dem Kapitel "Nationalhymne. Rühren!" auch noch mit belehrendem Tonfall in der Folge der Strophen verhedderte ("die verbotene dritte Strophe") und vollends an der Unterscheidung zwischen Nationalhymne und "Deutschlandlied" scheiterte, kam einem Sarah Connors Auftritt vom 1. Juni 2005 plötzlich gar nicht mehr so peinlich vor.


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