© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 30/06 21. Juli 2006

Kolumne
Morsch und abgewrackt
Rolf Stolz

Deutschland ist großartig. Ein schönes Land mit einer Kulturgeschichte voller Leuchttürme und Einzigartigkeit, zahllose fröhliche und gastfreundliche Menschen im Fahnenmeer des Fußballsommers sind Beweis genug. Aber manchmal und mancherorts ist dieses Land einfach nur grauenhaft. In diesen Bereichen ist es so morsch und abgewrackt wie eine alte Jaffa-Apfelsinenkiste. Wie sich bei einer verschimmelten Frucht der Befall auch dort durchzieht, wo er noch nicht sichtbar ist, so hat auch die Miserabilität ihr feingesponnenes Netzwerk, das von den höchsten Ebenen der höheren Kasten bis in die Alltagsniederungen reicht.

Da ist eine Regierung, die unbegrenzt Schulden macht und sich weigert, Deutschland durch strikte Selbstbestimmung, durch Konzentration auf Zukunftsaufgaben wie die Bevölkerungspolitik und die Assimilationsförderung, durch einen Stopp der Armutszuwanderung, durch Ausweisung der Illegalen und der (Polit)Kriminellen stark und zukunftsfähig zu machen. Und da ist ein Alltag, der von Großkonzernen geprägt wird, die sich - von rühmlichen Ausnahmen abgesehen - gegenüber dem übriggebliebenen Rest ihrer Mitarbeiter und gegenüber ihren Kunden so profitabel und so asozial wie möglich verhalten. Handwerker, die eine qualitativ gute Arbeit zu akzeptablen Preisen ausführen, Händler, die nicht dem schnellen Euro zuliebe auf die Unwissenheit ihrer Abnehmer setzen - es gibt sie, aber sie gehören zu einer aussterbenden Art. Denn die Bildungs- und Wirtschaftspolitik fördert den raffinierten Ignoranten und den geschickten Gauner - durch Subventionierung der Großfirmen, durch Begünstigung der ausländischen Subunternehmer und der Schwarzarbeit, durch die Entwertung der Meister-Ausbildung. Wenn das unmögliche Möbelhaus mit dem Elch Spanplatten-Möbel ausliefert, bei denen jedes zweite oder dritte Teil Kratzer und andere Defekte aufweist, wenn bei drei Lieferungen teurer Möbel aus drei Möbelhäusern dreimal Nachbesserungen erforderlich sind, bei denen zum Teil von den Monteuren neue Schäden produziert werden, wenn die Telekomiker bei etlichen ihrer Kunden auch nach endlosen Telefonaten die Internet-Telefonie nicht zum Laufen bekommen - dann ist das weder zufällig noch untypisch. Es entspricht exakt der Minus-Qualität, die der deutsche Staat in seiner Politik vorgibt und vorlebt. Angesichts der absehbaren gesellschaftlichen Erdbeben und Wirbelstürme braucht es keine Prophetie, um zu wissen, was aus denen wird, die sich im Jaffa-Ambiente wohnlich eingerichtet haben.

 

Rolf Stolz ist Mitbegründer der Grünen und lebt als Publizist in Köln.


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