© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 30/06 21. Juli 2006

Frosch und Adler
Vergangenheitsbewältigung contra Kunst: Eine Ausstellung zu Arno Breker sorgt bereits vor ihrer Eröffnung für Kritik
Richard Stoltz

Der Frosch sagt eine Flugschau ab, aus Protest dagegen, daß vorher der Adler fliegen darf. So etwa stehen die Proportionen in dem grotesken Theater, das im Vorfeld der Arno-Breker-Ausstellung abrollte, welche an diesem Wochenende im Schleswig-Holstein-Haus in Schwerin eröffnet und bis zum 22. August gezeigt wird.

Klaus Staeck, seines Zeichens Politgraphiker und seit April dieses Jahres Präsident der Berliner Akademie der Künste, verbat sich mit Aplomb eine geplante Schau mit seinen Arbeiten im selben Haus, eben weil dort jetzt Breker gezeigt wird. Breker, salbaderte Staeck gleich in mehreren Interviews, sei ein Nazi gewesen, und so einer dürfe nicht gezeigt werden. Dafür wolle er ein Zeichen setzen.

Es geht nun aber in Schwerin gar nicht um Politik oder "Vergangenheitsbewältigung", es geht um Kunst. Breker war, nach Ansicht unzähliger Kunstfreunde, deren Namensliste von Jean Cocteau und Aristide Maillol und Sacha Guitry bis hin zu Knut Hamsun und Benedetto Croce reicht, einer der größten und faszinierendsten Künstler des zwanzigsten Jahrhunderts. Es hat nach 1945 noch nie eine Werkschau von ihm gegeben. Die Schweriner Veranstaltung war also längst überfällig.

Überfällig ist auch, daß man endlich damit aufhört, Künstler der Vergangenheit vorrangig nach ihren politischen Meinungen zu sortieren, sie polizistisch zu begeifern und zu verbieten. Picasso war für Stalin, Dali für Franco, J. L. David für Robespierre und Napoleon. Das gibt Stoff für biographische Hüpfer, für polizeiliche Maßnahmen reicht es nicht. Künstlerische Würdigungen werden dadurch nicht ersetzt.

Freilich gibt es Künstler, wie etwa den Frosch Klaus Staeck, die nur aus läppischen Hüpfern bestehen. Sie sollten sich freuen, wenn sie trotzdem im selben Haus wie Breker & Co. gezeigt werden.


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