© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 31-32/06 28. Juli / 04. August 2006

Nahostkonflikt
Bundeswehr nach Israel?
Dieter Stein

Ist es die Hitze, die seit Tagen lastend über Berlin liegt und nicht nur Gewässer, sondern auch Gehirne austrocknet? Da schlagen Politiker, allen voran der Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung, vor, deutsche Soldaten könnten als Sicherungstruppe in den Libanon entsandt werden, um den eskalierten Kampf zwischen islamistischen Freischärlern und Israel zu stoppen. Inzwischen ist Jung von seiner Aussage zurückgerudert. Es ist aber bezeichnend, mit welcher Leichtfertigkeit und Schnelligkeit derzeit die Bundeswehr als Kriseninterventionstruppe für jeden nur denkbaren Fall rund um die Welt feilgeboten wird.

Es war bereits schierer Wahnsinn und politisch verantwortungslos, daß die Truppe nach Afghanistan und in den Kongo entsandt wurde. Der Auftrag der Bundeswehr sind Landesverteidigung und Einsätze im Rahmen der Nato im Falle von Angriffen auf Vertragsstaaten. Internationale Interventionen gehören nicht zum Auftrag unserer Armee.

Bezeichnend ist, wer in Deutschland großspurig Soldaten mal eben in Einsätze schicken will. Vorneweg grüne Politiker, die ihr Leben lang gegen die Bundeswehr gekämpft, den Dienst an der Waffe verächtlich gemacht und ihn persönlich immer verweigert haben. Die keinen Begriff vom Krieg haben. In diesem Geist schickt Berlin seelenruhig blutjunge Männer in Einsätze, die nichts mit ihrem Eid zu tun haben. Zu diesen größenwahnsinnigen grünen Weltstaatsideologen kommen saturierte, ebenfalls ungediente "bürgerliche" Schreibtischtäter in der Springer-Presse, die sich in ahnungslosen Sandkastenplänen für die Bundeswehr überbieten.

Israel hat ein Recht darauf, sich gegen den Terror der Hisbollah zu wehren, die mit immer präziseren Raketen die Zivilbevölkerung drangsaliert. Ich habe große Bewunderung für Israel und seine Armee, vor allem für die jungen Soldaten, die im zwei (Frauen!) bis drei Jahre (Männer) dauernden Wehrdienst ihr Leben für die Existenz ihres Landes einsetzen. Die Bereitschaft zu solchem Opfer, von der die meisten Großmäuler, die die Bundeswehr rund um die Erde jagen wollen, nicht die leiseste Vorstellung haben.

Deutschlands Aufgabe kann es im Nahostkonflikt nur sein, besonnene diplomatische Hilfe zur Vermittlung zwischen den Kriegsparteien anzubieten. Das ist auch immer die Stärke des deutschen Außenministeriums mit seinen exzellenten Kontakten zu allen Staaten der Region gewesen.

Die Bundeswehr und deutsche Soldaten aber haben in Israel nichts zu suchen. Dies muß eine verantwortlich handelnde Bundesregierung allen Beteiligten klarmachen. Auch die Nato hat dort nichts zu suchen, genausowenig wie Israel etwas in der Nato zu suchen hat. Dieser Staat ist übrigens Atommacht und hat eine der stärksten Armeen der Welt. Militärisch brauchen sie uns nicht.

Israel braucht diplomatischen Beistand. Dazu gehört aber auch, daß der Palästinenserstaat endlich eine realistische Chance bekommt und die Sicherheitsmauer - wie dies der kluge israelische Militärhistoriker Martin van Creveld gefordert hat - nicht auf palästinensischem Boden, sondern entlang der Grenze von 1967 gebaut wird. Creveld: "Vorausgesetzt natürlich, sie trennt beide Seiten neutral und dient nicht nur als Besatzungsherrschaft in anderer Form."


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