© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 33/06 11. August 2006

Meldungen

Zweikampf um das Ökosystem Nordsee

HAMBURG. Seit zehn Jahren hätte man die sukzessive allsommerliche Verwandlung Deutschlands in einen tropischen Hitzekessel voraussagen können. Indikatoren dafür gab es genug, und Naturwissenschaftler aller Disziplinen haben auch tatsächlich oft auf die Folgen der Erderwärmung hingewiesen (JF 31/06). Zu den öffentlich eher unspektakulären Anzeichen des Klimawandels gehört das seit etwa 1995 zu beobachtende Eindringen der Pazifischen Auster (Crassostrea gigas) in die Nordsee (Das Fischerblatt, 5/06). Derzeit findet ein "Zweikampf im Wattenmeer" statt zwischen dieser Austernart und der heimischen Miesmuschel. Die Pazifische Auster hat in der wärmer gewordenen Deutschen Bucht ein ideales Biotop gefunden und sich auf den Miesmuschelbänken festgesetzt, wo das Ringen der beiden Arten um den Lebensraum noch nicht abgeschlossen ist. Die Konsequenzen aus einem möglichen "Sieg" der Pazifischen Auster über die Miesmuschel lassen sich für das Ökosystem Nordsee zur Zeit nicht abschätzen. Fest steht nur, daß die neuen Bänke des Eindringlings ein Hindernis für die Krabbenfischerei bilden werden.

 

Rehabilitation von Gewalt und Krieg

MÜNCHEN. Die geistige Nähe des Wiener Sozial- und Verfassungshistorikers Otto Brunner, der nach 1945 zu den einflußreichsten Vertretern seines Faches im westdeutschen Wissenschaftsbetrieb zählte, zu dem dort in der "Sicherheit des Schweigens" im Plettenberger Exil lebenden Juristen Carl Schmitt ist oft thematisiert worden, zumeist mit der Intention, Brunners frühen Klassiker "Land und Herrschaft" (1939) als ein aus dem "Ungeist" von Schmitts "Ordnungsdenken" geborenes Werk zu diskreditieren und seinen Verfasser diverser "Verstrickungen" in die NS-"Vernichtungspolitik" zu bezichtigen. Hans-Henning Kortüm entdeckt nun bei Brunner neues "Belastungsmaterial", das sich wiederum aus dessen Rezeption des Schmittschen Freund/Feind-Antagonismus speise (Historische Zeitschrift, Band 282/06). Brunner und Schmitt "eint die vorbehaltlose Bejahung des 'Krieges', der aus Gründen der verletzten 'Ehre' geführt wird". Brunners Interpretation der mittelalterlichen "Fehde" als Mittel zur Wiederherstellung der verletzten Ehre führe zu einer "gewollten Verharmlosung des Krieges im Allgemeinen", zur "Rehabilitation von Gewalt und Krieg". Auch seine Deutung des Mittelalters als einer "Gesellschaft ohne Staat" erkläre sich aus der dezidierten Ablehnung des schwachen, vom Liberalismus zersetzten Weimarer Verfassungsstaates.

 

Erste Sätze

Betrachtet man die deutsche Geschichte im 20. Jahrhundert, drängt sich das Bild heftiger Pendelschläge und tiefer Brüche auf. Gotthard Jasper: Die gescheiterte Zähmung. Wege zur Machtergreifung Hitlers 1930-1934, Frankfurt/Main, 1986


Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen