© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 34/06 18. August 2006

Aufgeschnappt
Blicke auf Blasphemisches
Matthias Bäkermann

Die Mohammed-Karikaturen haben Nachwirkungen: So drohen deutsche Staatsanwälte an, das anstehende Konzert der amerikanischen Poplegende Madonna in der Düsseldorfer LTU-Arena am nächsten Sonntag auf eventuelle "Gotteslästerungen" zu beobachten. "Sollte das Konzert so ablaufen wie bereits andere Konzerte, werden wir zu prüfen haben, ob eine Straftat in Betracht kommt", kündigt Johannes Mocken, Sprecher der Düsseldorfer Staatsanwaltschaft, an. Demnach könnte der Sängerin nach Paragraph 166 des Strafgesetzbuches (Störung des öffentlichen Friedens durch Beschimpfung religiöser Bekenntnisse) Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren drohen. Bei bisherigen Konzerte in Italien und Rußland provozierte Madonna die Gläubigen, indem sie sich während eines Titels auf der Bühne mit einer Dornenkrone bekränzt an ein Kreuz binden ließ.

Sollte diese Praxis Schule machen droht manchem "kirchenkritischen" und "experimentellen" Theater, das immer noch auf die unvermeidlichen Blut-, Kot- und Sperma-Accessoires der achtziger und neunziger Jahre à la Hermann Nitschs "Orgien-Mysterien-Theater" zurückgreift, demnächst ein ernsthaftes juristisches Nachspiel. Falls dann jemand hinguckt.

So kann Madonna einer Strafverfolgung vielleicht doch noch entgehen. Obwohl die Düsseldorfer Juristen nicht "in der LTU-Arena selbst vor Ort sein werden", kündigen sie trotzdem an, die spektakuläre Bühneshow "genau verfolgen" zu wollen, so Mocken.


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