© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 35/06 25. August 2006

Jagdszenen aus Pankow
Berlin: Weil ein CDU-Kommunalpolitiker sich gegen den Bau einer Moschee engagiert, verübten vermutlich Linksextremisten einen Brandanschlag auf sein Haus
Markus Schleusener

Gegen "Nazis" sind sich alle einig in Berlin-Pankow. Als vergangene Woche eine Handvoll NPD-Leute für Meinungsfreiheit demonstrierte, da riefen das Bezirksamt und die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) gemeinsam zur Gegendemo auf. Wer "rechte Ideologie" verbreiten wolle, dürfe "keine Chance" haben, so der Konsens von CDU bis Linkspartei.

Für die militante Antifa gelten naturgemäß andere Maßstäbe. Der Bürgermeister von Berlin-Pankow, Burkhard Kleinert (Linkspartei), läßt sich kein X für ein U vormachen. "Ich lehne es ab, auf eine so plumpe Weise die Gleichsetzung von Links- und Rechtsextremisten zu akzeptieren", sagt er. Dabei geht es um Leute, die im Verdacht stehen, einen Brandanschlag verübt zu haben. Aber trotzdem. Von Linksextremisten in seinem Bezirk weiß der Kommunalpolitiker nichts, sagt er. Deswegen möchte sich Kleinert auch nicht öffentlich von ihnen distanzieren. Selbst dann nicht, wenn sie auf Plakaten den Tod des politischen Gegners fordern.

In der Nacht zum 10. August brannte es in dem Haus von René Stadtkewitz. Der nächtliche Brandanschlag mit einem Molotowcocktail auf das Haus des Berliner CDU-Abgeordneten ist der Höhepunkt einer Auseinandersetzung um den geplanten Bau einer Moschee in Berlin-Pankow (JF 34/06). Stadtkewitz und seine Frau konnten den zehnjährigen Sohn und ein befreundetes Mädchen aus retten, kamen mit einem Schrecken davon. Gemeinsam mit der Feuerwehr gelang es, das Feuer zu löschen.

Stadtkewitz gehört zu einer Gruppe von Bürgern, die sich gegen den Bau einer Moschee im Stadtteil Heinersdorf zur Wehr setzen. Organisiert sind sie in der Interessengemeinschaft Pankow-Heinersdorfer Bürger e.V. ( www.ipahb.de ).

Die Auftreten der Anti-Moschee-Bürgerinitiative hat die stadtweite Linke auf den Plan gerufen. In der kleinbürgerlichen Einfamilienhaussiedlung Heinersdorf formiere sich der "rassistische Mob", findet die Antifa und demonstriert seitdem für die Moschee und gegen die Heinersdorfer.

"Das ist genau die Zuspitzung, vor der wir immer gewarnt haben", stellt Joachim Swietlik resignierend fest. Seit dem Frühjahr schwelt dieser Konflikt vor sich hin. Damals begannen auch die anonymen Drohbriefe gegen den CDU-Mann Stadtkewitz, der zu den Initiatoren der Bürgerinitiative gehört. "Es begann mit Beschimpfungen, wir seinen rassistisch", faßt Swietlik die Entwicklung zusammen.

Stadtkewitz wurde mit Vergeltungsschlägen gegen seine Kinder gedroht. Er wurde aufgefordert, sein Abgeordnetenmandat niederzulegen. Schließlich brannte sein Haus. Seitdem steht er unter Polizeischutz. Der Abgeordnete war drauf und dran, alles hinzuschmeißen, entschied sich dann aber zum Weitermachen. In einer Jetzt-erst-recht-Erklärung teilte er vergangene Woche mit, daß er den Anschlag auf seine Aktivitäten gegen die Moschee zurückführe. Und weiter: "Ich werde nicht aufgeben. Ich bleibe Mitglied des Berliner Abgeordnetenhauses, ich bleibe Vorsitzender der CDU Pankow."

Die CDU hoffte in dieser Situation auch auf die Rückendeckung der anderen Parteien. Schließlich hatte man sich in einer Vielzahl von Erklärungen auch gemeinsam mit SPD, PDS, Grünen und FDP gegen rechte Gewalt ausgesprochen. Erst in der Vorwoche hatten CDU und FDP gemeinsam mit den linken Parteien im Abgeordnetenhaus mit Blick auf den Wahlkampf eine Erklärung verfaßt, in der sie vor der Gefahr eines sich "ausbreitenden Rechtsextremismus" warnten. Gegen die "menschenverachtende NPD-Propaganda" und "rechte Rattenfänger" seien jetzt sogar CDU und FDP mit an Bord, jubelte daraufhin das Neue Deutschland. CDU und FDP sprechen sich auch für eine Regelfinanzierung der Anti-Rechts-Projekte aus.

Und was hat es der CDU genutzt? Nichts. Am Montagabend sitzen die Bezirksverordneten aus Pankow zusammen, um über einen CDU-Antrag zu beraten. Die CDU will, daß der Anschlag auf Stadtkewitz verurteilt und die wilde Plakatiererei der Antifa unterbunden wird. Die gewaltbereite Linke hat einen Demonstrationsaufruf für diesen Sonntag verteilt, auf dem ein erhängter Gartenzwerg gezeigt wird. Ein unzweideutiger Aufruf zur Gewalt gegen Heinersdorfer Bürger, die an anderer Stelle als Gartenzwerge bezeichnet wurden.

Natürlich entscheidet sich die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) gegen den Antrag. Die linke Mehrheit (SPD, PDS und Grünen haben 45, CDU und FDP nur zehn Sitze) denkt gar nicht daran. Andreas Otto (Grüne) will sich nicht festlegen: "Die Täter stehen ja noch nicht fest. Was jetzt nicht geht, ist eine solche Vorverurteilung.". Über den erhängten Gartenzwerg sagt er: "Da ich selbst so etwas nicht verfasse, fällt es mit auch schwer, mich davon zu distanzieren."

Im Publikum sitzen rund einhundert Heinersdorfer und etwa vierzig Antifa-Aktivisten, darunter solche, die noch am Vortag beim Aufhängen der Gartenzwerg-Plakate gesehen worden sind. Sie quittieren die Beiträge der CDU-Leute mit Zwischenrufen.

Der Antrag wird abgeschmettert

Ihren Beifall erhält dagegen der PDS-Fraktionschef Michael van der Meer. Er gibt sich unwissend: "Ich kenne keinen Gewaltaufruf der Antifa." Und das, obwohl der Bezirk sich sogar stolz damit brüstet, den Kampf gegen Rechts zu koordinieren. Um so mehr habe er sich geärgert, als die CDU am vergangenen Wochenende im Kampf gegen den "faschistischen Mob" gefehlt habe. Van der Meer benutzt sogar die gleiche Terminologie wie die Antifa - will aber von deren Vorhaben keinerlei Kenntnis haben.

Ein einziger FDP-Mann läuft am Ende noch zur CDU über. Der Antrag wird abgeschmettert, durch allgemeine Aussagen aufgeweicht. Ein führender CDU-Mann gibt sich hinterher fassungslos. "Das geht so nicht weiter, daß wir den Kampf gegen Rechts mit Geld finanzieren. Das sind doch die Leute, die selbst Gewalt anwenden", sagt er. Seinen Namen möchte er aber lieber nicht gedruckt sehen.


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