© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 36/06 01. September 2006

Meldungen

Thomas Mann: Kein unwissender Magier

FRANKFURT/M. Golo Manns boshafte Bemerkung, sein Vater und Onkel Heinrich seien in politicis "unwissende Magier" gewesen, bestimmt bis heute das vor allem von Joachim Fest in einem Großessay (1985) befestigte, neuerdings von Manfred Görtemaker bezüglich Thomas Mann (2005) tradierte negative Urteil über die Brüder Mann als Kommentatoren des "Zeitalters der Extreme". Hans Rudolf Vaget möchte indes primär über den "politischen Thomas Mann" neu verhandeln (Neue Rundschau, 2/06). Das geht allerdings nicht ohne einen extrem ahistorischen Wechsel der Parameter. Denn von "eigentlichen Fragen der Macht", von der "Bedeutung ökonomischer und sozialer Interessen", dies muß Vaget einräumen, habe der "Zauberer" wohl wirklich kaum etwas begriffen. Darum könne auch Bert Brecht nicht widersprochen werden, der Manns Deutschland-Kritik als Propagandist Roosevelts als opportunistisches "Echo der antideutschen Propaganda der westlichen Alliierten" abtat. Sei Mann gegen solchen Vorwurf "hoffnungsloser Politikferne" kaum zu verteidigen, so sei er doch für das bundesdeutsche "Selbstverständnis", wie es sich spätestens nach der Weizsäcker-Rede von 1985 ausgeprägt habe, ein beispielhafter Vorläufer gewesen. Thomas Mann habe angesichts der "deutschen Verbrechen" als erster den Weg fort von der sich nach 1945 in Deutschland und Japan formierenden "Schamkultur" zur typisch amerikanischen "Schuldkultur" gewiesen, wie sie sich in der BRD nach 1985 etablieren konnte. In der "realistischen" Einschätzung all dessen, "was heute mit dem Begriff Holocaust" bezeichnet werde, und in der frühzeitige Einsicht in dessen "Unsühnbarkeit" sei Thomas Mann also ein "wissender Magier" gewesen - freilich nur, wenn man wie Vaget das platte Bekenntnis zur "Schuldkultur" für einen Ausweis politischer Urteilskraft hält.

 

Deutsche Marine auf Jagd nach Terroristen

BONN. Wenn es demnächst zwar nicht wieder heißt "Feldgrau in Jerusalem" (Hans-Werner Neulen), aber doch Marineblau vor Beirut, dann scheint sich auszuzahlen, daß die Bundeswehr ihre Waffen seit langem in Hinblick auf derartige "Stabilisierungsak-tionen" schmieden läßt. Eine Tendenz, die sich bis 2012 noch verschärfen soll, da bis dahin zwei weitere der außenluftabhängigen U-Boote mit Brennstoffzellenantrieb sowie eine neue Fregattengeneration (F-125) in Dienst gestellt werden sollen. Wie allerdings die ultramodernen Unterwasser-Kriegsschiffe der künftigen "prioritären" sicherheitspolitischen Aufgabe des "Kampfes gegen den internationalen Terrorismus" dienen könnten, läßt Bernhard Biermanns (Bundesamt für Wehrtechnik) enthusiastische Beschreibung des neuen Waffensystems vermissen (Europäische Sicherheit, 6/06). Auch Fregattenkapitän Andreas Jedlicka, Referent im Führungsstab der Marine, der von den F-125 den "wesentlichen maritimen Beitrag" zu einer sich von der ursprünglichen Konzeption der "Landesverteidigung im Bündnisrahmen" verabschiedenden und nun weltweit engagierten Bundeswehr erwartet, läßt im dunkeln, wie man dank verbesserter Möglichkeiten zur "Unterstützung von Evakuierungsoperationen" islamische Gotteskrieger in Schach halten könnte. Sehr klar hingegen stellt er heraus, daß an eine Rückkehr zur Landesverteidigung nicht gedacht ist. Denn die F-125 sind darauf ausgelegt, jahrelang nicht in ihren Heimathafen zurückkehren zu müssen.

 

Erste Sätze

Die Geschichte ist das Weltgericht. 

Rolf Bathe: Der Feldzug der 18 Tage. Chronik des polnischen Dramas Oldenburg, Berlin, 1939


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