© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 36/06 01. September 2006

Amerikanische Erfolgsserie: Auf Pro 7 läuft die neue -Staffel an
Untiefen der US-Gesellschaft
Marcus Schmidt

Für Drehbuchschreiber ist es eine Herausforderung wenn plötzlich der Hauptdarsteller einer beliebten Fernsehserie stirbt. Mit etwas Geschick läßt sich um die entstandene Lücke eine knackige Geschichte konstruieren und sich so der unerwartete Verlust in steigende Einschaltquoten ummünzen. Schwerer wiegt der Ausfall, den die deutsche Fangemeinde der US-Zeichentrickserie "The Simpsons" vor wenigen Wochen verkraften mußte: Die Schauspielerin Elisabeth Volkmann, die Marge Simpson, einer der Hauptfiguren der Serie, ihre unverwechselbare Stimme lieh, wurde am 27. Juli tot in ihrer Wohnung aufgefunden. Künftig werden sich die Anhänger der amerikanischen Kultserie hierzulande mit einer neuen Stimme für die Mutter der Familie Simpson anfreunden müssen. Kein leichtes Unterfangen, leben doch gerade Zeichentrickfiguren von der Ausdruckskraft ihrer Stimme.

Wenn an diesem Sonntag (3. September, 18 Uhr) auf Pro 7 die mittlerweile 17. Staffel der amerikanischen Kultserie startet, ändert sich für die eingefleischten Fans zunächst jedoch nichts. Denn die ersten elf Folgen der neuen Staffel sind noch von Elisabeth Volkmann synchronisiert worden. Derzeit suchen die Senderverantwortlichen mit Hochdruck nach einem Ersatz für Volkmann für die restlichen elf Folgen der Staffel und für den ersten Film der Simpsons, der 2007 in die Kinos kommt.

Die Serie um die gelbe amerikanische Durchschnittsfamilie läuft seit 1990 in Deutschland und hat es mittlerweile zu einer ansehnlichen Fangemeinde gebracht. Als bislang letzter reihte sich der Erfolgsautor Daniel Kehlmann ("Die Vermessung der Welt") kürzlich in den Chor der prominenten Jubler ein. Im Spiegel rühmte er die Simpsons auf mehreren Seiten als eines der intelligentesten und vitalsten Kunstwerke "unserer Zeit". Und in der Tat: Die Macher der Serie haben rund um die Hauptfiguren einen komplexen Mikrokosmus von Dutzenden Charakteren geschaffen, mit deren Hilfe sie mit teilweise bitterbösem Humor die Untiefen der US-Gesellschaft ausloten.

Die Serie, die in den Vereinigten Staaten zur besten Sendezeit im Abendprogramm gezeigt wird, ist daher - auch an dieser Stelle sei es noch einmal gesagt - keine Kindersendung, sondern eine Gesellschaftssatirre für Erwachsene. Die Ausrichtung am "American way of life" macht es deutschen Zuschauern mitunter schwer, alle Anspielungen auf die amerikanische Gesellschaft und Politik zu verstehen. Häufig bleibt nur die Ahnung, daß hinter einer Pointe vielleicht noch viel mehr steckt ... Mittlerweile mühen sich daher auch hierzulande zahlreiche Internetseiten, auch noch die letzte versteckte Anspielung zu entschlüsseln.

Im Zentrum der Serie steht nach wie vor die Familie Simpson rund um den etwas einfältigen Vater Homer, der als völlig überforderter Sicherheitstechniker in einem Kernkraftwerk sein Geld verdient und ansonsten seine Freizeit in seiner Stammkneipe verbringt. Seine Ehefrau Marge versucht unterdessen die Familie vor dem endgültigen Abrutschen ins Chaos zu bewaren - angesichts ihres infantilen Ehemanns und ihres anarchisch veranlagten ewigen Zehnjährigen Bart kein leichtes Unterfangen. Kein Wunder, daß die hochbegabte und frühreife acht Jahre alte Lisa sich mitunter in der falschen Familie wähnt.

Mittlerweile läuft die 1987 entstandene Serie weltweit in über 120 Ländern. Seit einiger Zeit gibt es sogar eine arabische Version, die von einem Satellitensender ausgestrahlt wird. Allerdings wurden hierfür einige Modifikationen vorgenommen und die Serie nach dortigen Maßstäben politisch korrekt entschärft. So darf Homer statt seinem Lebenselixier Bier nur noch Limonade trinken, und Schweinefleisch ist auch tabu. Noch härter hat es allerdings den Clown Krusty getroffen. Er mußte seine Religion ablegen. Ein jüdischer Komiker war dem arabischen Publikum offenbar nicht zuzumuten. Eine besondere Vorliebe haben die Macher der Serie übrigens für die Deutschen. Immer wieder tauchen in den bislang über 350 Folgen der Simpsons Deutsche auf. Sei es, daß zwei geschäftstüchtige deutsche Unternehmer das marode Kernkraftwerg des dämonischen Mr. Burns kaufen und sich dabei von Homers Chef übers Ohr hauen lassen, oder daß der Großvater seine Kriegsgeschichten erzählt, in der natürlich auch Adolf Hitler nicht fehlen darf.

Foto: Lisa, Homer, Bart, Marge und Maggie Simpson (v. l. n. r.): Gelber Durchschnitt


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