© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 37/06 08. September 2006

Aufgeschnappt
Resozialisation im Taxi
Matthias Bäkermann

Vor einigen Jahren machte die Hamburger Praxis der "Erlebnispädagogik", bei der jugendliche Straftäter "im Ausland resozialisiert" wurden, bundesweit Schlagzeilen. Inzwischen schuf die Hansestadt für junge Kriminelle statt dessen die "Geschlossene Unterbringung Feuerbergstraße". Ein 16jähriger, der mittlerweile Dutzende Resozialisierungsstationen durchlaufen hatte, sollte von dort wegen seiner "Unberechenbarkeit und Gewalttätigkeit" auf Weisung der Sozialbehörde weit weg in die "Jugendhilfeeinrichtung Frostenwalde" in der Uckermark verlegt werden. Da aber der Junge wie auch ein weiterer "schwieriger Fall" abtauchten und erst spätabends aufgegriffen wurden, wie sich Behördensprecherin Katja Havemeister jetzt verteidigt, konnte nirgends eine Aufnahme gefunden werden. Die drei Autos des Jugendnotdienstes hätten Hamburg schließlich nicht verlassen dürfen.

In Begleitung von zwei Sozialarbeitern wurde für die 350 Kilometer lange Strecke daher schnell ein Taxi angeheuert. "Ein krasser Fall von Verschwendung", tobt die FDP. Auch die Fraktion der Grünen übt Kritik, allerdings mehr, weil sie sich für die Jungkriminellen grundsätzlich wieder eine offenere Sozialisation wünschen. Genauso teuer wie die Tour der Problemfälle Richtung Oder war übrigens auch die Rückfahrt ihrer Sozialarbeiter. Die blieben praktischerweise gleich im Wagen sitzen und ließen sich flugs nach Hamburg zurückchauffieren - statt 1.350 kostete der Spaß daher rundere 2.700 Euro.


Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen