© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 40/06 29. September 2006

Aufgeschnappt
Unterschiedliche Horizonte
Matthias Bäkermann

Man kann dem parlamentarischen CDU-Urgestein Jürgen Gansäuer vieles nachsagen, aber das geht zu weit: "Bitter notwendig" sei der Besuch der Landtagsdelegation im Reich der Mitte. Für das Genöle des Bundes der Steuerzahler hat der Landtagspräsident wenig Verständnis. "Wer sich nicht um China kümmert, läßt in Deutschland keine Arbeitsplätze entstehen." Außerdem sei die Reise einer niedersächsischen Parlamentarier-Delegation der erste Besuch seit fünf Jahren.

Der Steuerzahlerbund hatte die zweiwöchige Tour der 13köpfigen Delegation nach Peking und in zwei Partnerprovinzen auch deshalb kritisiert, weil im Rahmenprogramm fast alle touristischen Sehenswürdigkeiten abgeklappert würden (Große Mauer, Verbotene Stadt etc.), nur "ein auffallend geringer Teil der Reisezeit" sei für offizielle Anlässe und politische Gespräche vorgesehen. Doch diesen Einwand ließ der Unionsmann nicht gelten: "Zum Verständnis der Mentalitäten" gehöre eben auch ein "größerer kultureller Austausch". Dennoch nährt die Kritik an der 66.000 Euro teuren Tour erste Selbstkritik, vielleicht auch wegen der erst im Juni stattgefunden Business-Klasse-Reise des Präsidiums nach Israel : "Wir werden das Ausmaß der öffentlichen Reaktion genau analysieren", grüßte Gansäuer aus China. Abbrechen könne man die Reise allerdings nicht, das wäre "eine Unhöflichkeit". Kleinlaut blieb bisher die Kritik der Opposition, wahrscheinlich weil auch SPD-, FDP- und Grünen-Politiker China erkunden. Zudem ist die nächste Route schon geplant. Landtagsvizepräsident Ulrich Biel (SPD) möchte im Oktober die "Einwanderung- und Bildungspolitik studieren" - in der spätherbstlichen Sonne Andalusiens.


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