© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 41/06 06. Oktober 2006

Ein Italienisch-Wörterbuch aus dem Saarland
Schwarzbuch: 30 Milliarden Euro haben Bund und Länder nach Ansicht des Steuerzahlerbundes im vergangenen Jahr verschwendet
Josef Hämmerling

Sparen, sparen, sparen - so lautet die Devise der Bundesregierung. Und gespart werden soll natürlich zuerst einmal bei den Ausgaben für den "kleinen Mann". Rund sieben Milliarden Euro will die Große Koalition im Bundeshaushalt 2007 einsparen, wobei der größte Einzelbrocken mit zwei Milliarden Euro auf den Gesundheitssektor entfällt. Die Streichung der Eigenheimzulage und des Kilometergelds sind nur zwei von vielen weiteren Faktoren, die vor allem Geringverdienende stark belasten werden.

Dabei wäre vermutlich vieles nicht nötig gewesen, wenn der Staat verantwortungsvoller mit dem ihm anvertrauten Geld umgegangen wäre. Daß das nicht der Fall war, hat der Bund der Steuerzahler (BdSt) in seinem jetzt veröffentlichten "Schwarzbuch 2006" eindrucksvoll belegt. Danach haben Bund und Länder im vorigen Jahr mindestens 30 Milliarden Euro verschwendet. "Aber ich schätze, daß es noch viel höher ist", sagte BdSt-Präsident Karl Heinz Däke bei der Vorstellung des Berichts. Trotz der Finanznot der öffentliche Hand sei auch weiterhin kein Fortschritt zu einem verantwortungsvolleren Umgang mit Steuergeldern erkennbar.

Nicht weniger als 103 Beispiele sind im aktuellen Schwarzbuch zusammengetragen: So investieren etwa der Bund und das Saarland im laufenden Jahr insgesamt 310.000 Euro in ein 30bändiges etymologisches Italienisch-Wörterbuch. Italien selber zahlt in dieses bereits seit den siebziger Jahren laufende und noch bis 2033 geplante Forschungsprojekt dagegen lediglich 25.000 Euro ein.

Mehr als zwei Jahre nach dem Abnahmetermin arbeitet das Computersystem der Bundesagentur für Arbeit (BA) für die Auszahlung des Arbeitslosengeldes II noch immer nicht fehlerfrei. Bislang hat die BA den Schaden, der durch die Softwareprobleme entstanden ist, auf 28 Millionen Euro beziffert. Der Regressanspruch gegenüber der Telekom-Tochter T-Systems, die die Software geliefert hat, ist jedoch vertraglich auf fünf Millionen Euro begrenzt. Die Differenz trägt, wie so häufig, der Steuerzahler.Doch das war noch lange nicht alles: Aufgrund des Softwarefehlers zahlte die Bundesanstalt monatelang zu hohe Krankenkassenbeiträge der Arbeitslosengeld-II-Empfänger an die Krankenkassen, insgesamt 363,8 Millionen Euro. Die Krankenkassen haben den Betrag zwar bis auf 75,6 Millionen Euro zurückgezahlt. Für diesen Rest steht eine Regelung der Rückzahlung jedoch noch aus. Es bleibt zu vermuten, daß hierfür ebenfalls der Steuerzahler einstehen muß.

Bayerische Abgeordnete
informierten sich in China

Und hat ein staatliches Unternehmen mal Geld, muß es anscheinend so schnell wie möglich vernichtet werden. So etwa im Fall der Stadtwerke Bielefeld. Anstatt überzählige vier Millionen Euro sicher anzulegen, wurden diese den Stadtwerken Cottbus geliehen. Nach zahlreichen Problemen beim Bau eines Heizkraftwerks gerieten die Cottbusser jedoch in ernsthafte Probleme. Ergebnis: Die Bielefelder mußten zur Sanierung der Stadtwerke Cottbus auf eine Million Euro verzichten.

Unprofessionalität war auch in Sachsen-Anhalt Trumpf. Denn die Dachkonstruktion der Bibliothek der Magdeburger Universität entpuppte sich als höchst fehlerhaft. Im Winter zu kalt, im Sommer zu heißt, es regnete herein, und die Sprinkleranlage rostete schon kurz nach Eröffnung lustig vor sich hin. Die Beseitigung der Schäden und die Erneuerung des Daches kosten den Steuerzahler nunmehr fünf Millionen Euro. Übrigens: Die vor vierzig Jahren erbaute Dachkonstruktion der direkt neben der Bibliothek stehenden Mensa hat bis heute keinerlei Kosten verursacht.

Schein ist wichtiger als Sein. Diesen Eindruck kann man von Horst Seehofer (CSU) gewinnen. Weil er sich von der seiner Ansicht nach zu starken Verbraucherschutzbetonung seiner Amtsvorgängerin Renate Künast (Grüne) abgrenzen wollte, wurde das Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft kurzerhand in Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz umbe-nannt. Kosten für neue Briefköpfe, Schilder und Visitenkarten: 15.000 Euro.

"China ist immer eine Reise wert!" Das dachten sich wohl die Mitglieder des Ausschusses für Eingaben und Beschwerden des Bayerischen Landtags. Also machte man sich mit dreizehn Personen auf eine siebentägige Reise ins Reich der Mitte, um sich dort über die Entwicklung des Beschwerderechts zu informieren. Zwar lagen die Kosten innerhalb des dem Ausschuß zustehenden Budgets von 4.345,98 Euro pro Mitglied, aber welche Erkenntnisse die Bajuwaren im kommunistischen China zum Beschwerdewesen gewinnen konnten, wird wohl ihr Geheimnis bleiben.

Wie man sieht, sind es oftmals nur recht kleine Summen, die in den Augen des Ministers oder Sachbearbeiters vielleicht unwichtig erscheinen. Doch auch hier gilt das alte Sprichwort: Auch Kleinvieh macht Mist.

Weitere Informationen zum Schwarzbuch des Bundes der Steuerzahler sind im Internet unter der Adresse www.steuerzahler.de abrufbar.

Foto: Aktuelles Schwarzbuch des Steurzahlerbundes: Auch Kleinvieh macht Mist


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