© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 41/06 06. Oktober 2006

Meldungen

Das Weltrecht als Lizenz zum Plündern

STUTTGART. "Zufällig" zum 175. Todestag Hegels wird der C.H.Beck Verlag in einigen Wochen die politische Philosophie Volker Gerhardts, seines Berliner Amtsnachfolgers, ausliefern. Daß der nicht uneitle Autor, Mitglied in Ex-Kanzler Schröders Ethik-Kommission, sich selbst gern in Hegels übergroßen Fußstapfen als Souffleur des Weltgeistes versteht, bezeugt seine jüngste Einlassung über den "säkularen Geist der Politik" (Merkur, 7/06). Mit Verve wiederholt er darin die alte Litanei von der "Weltrechtsordnung", die schon seine Apologien zur US-Intervention im Irak befeuert hat. Im nahöstlichen "Laboratorium der Weltpolitik" wird jedoch keinesfalls für die "Zukunft jener, die das jetzt noch nicht erkennen" gefochten, sondern, wie Jürgen Wagner mit altlinkem Realitätssinn urteilt (Blätter für deutsche und internationale Politik, 9/06), für die "US-Geopolitik zur Rekolonialisierung der Welt". Neoliberaler "Stabilitätsexport" baue nicht an der "Weltrechtsordnung", sondern sei eine kaum verhüllte "Lizenz zum Plündern".

 

Grüne: Sensibel gegen judenfeindliche Moslems

BERLIN. Nachdem der NPD-Einzug ins Schweriner Parlament nun doch wieder die Geldströme in "antifaschistische" Schatullen leitet, scheint das grüne Bildungswerk der Heinrich-Böll-Stiftung auf dem falschen Fuß erwischt worden zu sein. Denn gerade das Berlin-Brandenburger Programm für das 2. Halbjahr 2006 weist auf diesem jetzt so lukrativen Sektor kaum Aktivitäten aus. Nicht mehr als eine müde Orientierungsveranstaltung über die geplante "kommunale Verantwortung", die am 8. September in Potsdam stattfand - das war's. Größere Sorgen macht den grünen Volksbildnern offenbar, neben traditionellen Themen wie "Europa in der Krise?" und der "Lage im Nahen Osten", was sich unter nicht "rechtsradikalen" Jugendlichen zusammenbraut. Für den 4. November ist ein Seminar anberaumt über "Migration und Antisemitismus". Sei doch, wie es überraschend über dieses Tabu-thema heißt, das Problem des "Antisemitismus unter Migranten allgemein anerkannt". Fraglich könne nur noch sein, wie er "interkulturell sensibel unter jungen Muslimen bekämpft" werden könne.

 

Löcher im totalitären Panzer

FRANKFURT/M. Seit langem ist das Ausmaß dessen, was als "öffentliche Meinung" zwischen 1933 und 1945 "möglich" war, umstritten. Die gleich nach Kriegsende verbreitete Ansicht, daß im Rahmen von schriftstellerischer Camouflage und ausgeprägter Fähigkeit des Publikums, "zwischen den Zeilen" Meinungsfreiheit und Pluralismus gewährleistet war, wird heute allenfalls als "systemstabilisierend" gewertet. Gleichzeitig fördert die Buch- und Verlagsgeschichte immer mehr Fakten zutage, die die Porosität der "totalitären" Meinungslenkung offenbaren. So hat Karl Klaus Walther nun skizziert, wie eigentlich "verbotene" Autoren, wie der katholische Kunsthistoriker Heinrich Lützeler, Reinhold Schneider oder das Umfeld des Grafen Hermann Keyserling Schreiberlaubnis für Bücher erhielten, die "für den Betrieb im Ausland" bestimmt waren. Hier wurde Kulturpropaganda mit ausgewiesenen NS-Gegnern betrieben, wobei nicht einmal sichergestellt war, daß deren "Konterbande" auch nur im Ausland gelesen wurde (Aus dem Antiquariat, 4/06).

 

Erste Sätze

Es erscheint mir nur als fair, den Leser von vornherein darauf aufmerksam zu machen, daß dieses Buch nicht all das enthält, was er darin suchen mag. 

Siegfried Kracauer: Theorie des Films. Die Errettung der äußeren Wirklichkeit,Frankfurt/Main, 1973


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