© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 43/06 20. Oktober 2006

BRIEF AUS BRÜSSEL
Polen als Feindbild der Political Correctness
Andreas Mölzer

Für politisch korrekte Kreise ist die polnische Rechtsregierung das gegenwärtige Feinbild Nummer eins. Als diese Mitte Juli vereidigt wurde, forderten einige sogar die Verhängung von Sanktionen nach dem Vorbild Österreichs. Denn bekanntlich zählt der Wille des Volkes nur wenig, wenn sich dieses "falsch" entscheidet. Anders als in Österreich im Februar 2000, als die damalige ÖVP-FPÖ-Regierung ihr Amt antrat, reagierte Brüssel diesmal eher verhalten. Denn mit 38,5 Millionen Einwohnern ist Polen das größte der neuen EU-Länder. Das ändert allerdings nichts daran, daß das tiefe Mißtrauen der EU-Polit-Nomenklatura gegenüber der Regierung in Warschau weiterhin bestehen bleibt.

Weder die Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) von Präsident Lech und Premier Jarosław Kaczyński noch ihr Koalitionspartner, die Liga polnischer Familien (LPR), folgen pflichtschuldigst den Vorgaben der Brüsseler Zentrale. Statt dessen treten diese beiden Parteien - ebenso wie andere, rechtsdemokratische und patriotische Kräfte anderswo auch - für ein anderes Europa auf der Grundlage freier und selbstbestimmter Staaten ein.

Ein besonderes Problem in Polen, wie auch in anderen ehemals kommunistischen Staaten, sind die Altlasten der Vergangenheit. Gewendete Vertreter des Ancien régime sitzen noch immer an den Schalthebeln der Macht. Oftmals haben diese nun "lupenreinen Demokraten" hervorragende Beziehungen zu maßgeblichen Kreisen in den alten EU-Staaten. Daher ist es nicht näher verwunderlich, wenn diese in helle Aufregung fallen, wenn die polnische Regierung nun Maßnahmen zur Verbesserung der politischen Hygiene ergreift. In diesem Lichte ist ein Vorschlag des polnischen Vizepremiers Roman Giertych (LPR) zu sehen, wonach ehemalige Kommunisten in den beiden Kammern des Parlaments nicht mehr geduldet werden sollen.

Wenn der Chef der Sozialistenfraktion im EU-Parlament, Martin Schulz (SPD), meint, einige Abgeordnete seien offenbar noch nicht in Europa angekommen - ein LPR-Abgeordneter hatte ein Plakat aufgehängt, über dessen Geschmack sich aus deutscher Sicht streiten läßt (JF 42/06) -, dann liegt dem wohl die Absicht zugrunde, polnische Rechtspolitiker zu antideutschen Attacken zu provozieren. Schließlich fiel Schulz bisher weniger durch glühenden Patriotismus, sondern vor allem durch seine im moralinsauren Ton der political correctness vorgetragenen Wortspenden auf. Daher ist anzunehmen, daß ihm eine Partei wie die nationalkatholische LPR, die vorbehaltlos traditionelle Werte vertritt, zutiefst mißfallen muß. Wenn es für die Vertreter des spätlinken Zeitgeistes darum geht, gegen den politischen Gegner ins Feld zu ziehen, wird also auch versucht, aus jahrzehntelang zurückliegenden Belastungen der deutsch-polnischen Geschichte politisches Kleingeld zu schlagen.

Das Beispiel Polens zeigt auf anschauliche Weise die Reaktion einer abgehobenen politischen Pseudo-Elite auf eine ihr nicht genehme Regierung. In der real existierenden EU unserer Tage sollen Werte wie Heimat, Identität oder Familie aus dem politischen Geschehen verbannt werden. Und den sich daraus ergebenden Gefahren kann nur durch eine Zusammenarbeit der rechtsdemokratischen, patriotischen Kräfte in Europa begegnet werden.

 

Andreas Mölzer ist Chefredakteur der Wiener Wochenzeitung "Zur Zeit" und seit 2004 FPÖ-Europaabgeordneter.


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