© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 45/06 03. November 2006

Unvergessen
Hanau: Geschichtsverein erinnert an Kriegsopfer
Werner Olles

Die Erinnerung an die Toten des eigenen Volkes ist in Deutschland weitgehend unüblich. Um so bemerkenswerter ist daher die Herausgabe eines Ehrenbuches der Kriegsopfer des Zweiten Weltkrieges durch die familiengeschichtliche Arbeitsgemeinschaft des Hanauer Geschichtsvereins. Über 5.000 Frauen, Männer und Kinder verzeichnet das 210 Seiten starke Buch. Viele der Toten sind Bombenopfer, die in den Märznächten 1945, als Hanau schwerste Bombardierungen erleiden mußte, ums Leben kamen. Auch die Fremdarbeiter, die bei den Luftangriffen der Alliierten starben, werden aufgeführt, doch waren nach über sechzig Jahren manche Namen oder Geburtsorte der Getöteten nur noch schwer oder überhaupt nicht mehr zu ermitteln.

Ähnlich verhält es sich mit den gefallenen oder vermißten Soldaten aus Hanau und dem Landkreis Main-Kinzig. Bei manchen der in sibirischen Kriegsgefangenenlagern an Hunger, Krankheiten und Entkräftung gestorbenen oder während der grausamen Todesmärsche erfrorenen Soldaten bleiben an den Stellen, die ihre letzte Ruhestätte bezeichnen sollten, nur weiße Flecken.

Fast drei Jahre verfolgten die Mitglieder der familiengeschichtlichen Arbeitsgemeinschaft des Hanauer Geschichtsvereins die Spuren der Kriegsopfer. Sie recherchierten die Todesanzeigen im Stadtarchiv, durchforsteten die Sterberegister beim Hanauer Standesamt und forschten auf den Internetseiten des Roten Kreuzes und des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge. Dabei hatten die ehrenamtlichen Rechercheure nicht allein mit fehlerhaften Angaben zu kämpfen, sondern in zahlreichen Fällen mit einer ungenauen Quellenlage, da vor allem während der letzten Kriegsjahre die Meldungen über gefallene oder vermißte Wehrmachtsangehörige von den verantwortlichen Stellen zuweilen nur mit erheblichen Verzögerungen weitergegeben wurden, um an der Heimatfront keine Panik aufkommen zu lassen.

Daher ist das im Stadtarchiv am Hanauer Schloßplatz ausliegende und einzusehende Ehrenbuch der Kriegsopfer bislang auch nur in einer winzigen Auflage von zehn Exemplaren erschienen. In einer überarbeiteten Auflage sollen dann Fehler korrigiert, Nachrecherchen berücksichtigt werden.


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