© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 45/06 03. November 2006

Frisch gepresst

Wirtschaftsbosse. Wenn der Verlag mit dem Lob des "Weltökonomen" Helmut Schmidt wirbt, Nina Grunenberg habe mit ihrem neuen Buch über die deutsche Wirtschaftselite im Übergang vom Dritten Reich zur Bundesrepublik (Die Wundertäter. Netzwerke der deutschen Wirtschaft 1942-1966, Siedler Verlag, Berlin 2006, 317 Seiten, gebunden, Abbildungen, 22,95 Euro) "wirtschaftssachverständigen Journalismus" gezeigt, mag der kritische Leser Doppeldeutiges darin wahrnehmen. Nicht weil der Zeit-Herausgeber Schmidt hier die Zeit-Redakteurin Grunenberg empfiehlt. Vielmehr ist es die Betonung des "Journalismus", der die Erwartungen eher herunterschraubt. Dann hat man sich allerdings angemessen auf den ausgesprochen anekdotischen Stil der Verfasserin eingestellt. Liest man nebenbei eine ganz unjournalistische kleine Wirtschaftsgeschichte der BRD, etwa von W Abelshauser, dann wird man Grunenbergs Gruppenporträt als ergänzende personalistische Darstellung der Wirtschaftswunderzeit aus der Chefperspektive schätzen lernen.

 

Niederschlesien. Über die Nachkriegszeit in Schlesien liegt seit 2000 die kompendiöse Arbeit von Andreas R. Hofmann vor (JF 19/01). Sie konzentriert sich auf die "Gesellschafts- und Bevölkerungspolitik", wie der junge Verfasser den Vorgang der radikalen "Entdeutschung" Schlesiens zeitgeist-adäquat umschreibt. Die ältere, von Hofmann nur am Rande herangezogene Arbeit von Sebastian Siebel-Achenbach (Niederschlesien 1942 bis 1949. Alliierte Diplomatie und Nachkriegswirklichkeit, Bergstadtverlag Wilhelm Gottlieb Korn, Würzburg 2006, 336 Seiten, gebunden, 24,90 Euro) erschien 1994 zuerst in englischer Sprache und ist wesentlich stärker um den völkerrechtlichen Rahmen bemüht, den sie, ungeachtet des im Buchtitel vorgegebenen Rahmens, bis in die Zeit der "endgültigen Anerkennung als polnische Westgrenze" (Richard von Weizsäcker im Sejm, 1990) verfolgt.

 

Sprachpurist. "Es macht Sinn, die Menschen in 2006 ein Stück weit mitzunehmen. Erst dann ist man gut genug aufgestellt, um letztendlich vor Ort die Probleme zu schultern." Sprachliche Meisterstücke wie diese, beinahe tagtäglich von den Merkels und Münteferings dieses Landes abgesondert, dürften den Philologen Johannes Dornseiff dazu bewogen haben, sein durchaus analytisches Buch zur Verhunzung der deutschen Sprache zu verfassen (Sprache, wohin? Bemerkungen eines Sprachteilnehmers. Frieling Verlag, Berlin 2006, 277 Seiten, broschiert, 12,90 Euro). Neben falschen Wortwendungen (Auschwitzlüge statt Auschwitzleugnung), Wortschatzverschlechterung und Fremdwörtermißbrauch weist er auf Wege zur besseren Sprache. Daß Dornseiff die Rechtschreibreform für ein wenig zweckmäßiges Mittel aus dem Tal der Sprachverwirrung hält, daraus macht er im abschließenden Kapitel keinen Hehl.


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