© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 46/06 10. November 2006

Frisch gepresst

Kulturschaffende. Werner Bräuningers letztem Buch, das "Hitlers Kontrahenten in der NSDAP" (2004) galt, bescheinigte ein FAZ-Rezensent, das Niveau nicht erreicht zu haben, das in historischen Proseminaren verlangt werde. Ein hartes, aber zutreffendes Urteil, das sich auf die quellenferne, von apologetischen Intentionen geleitete Arbeitsweise des Autors stützt. Offensichtlich hat sich Bräuninger diese Kritik nicht produktiv angeeignet. Denn sein jüngstes Opus bestätigt, daß, mit Arno Schmidt zu sprechen, "seine Hauptforce im Zusammensetzen von Exzerpten zu eigenen Büchern besteht". Diesmal lenkt er unsere Aufmerksamkeit auf Kulturschaffende im Dritten Reich ("Ich wollte nicht daneben stehen ..." Lebensentwürfe von Alfred Baeumler bis Ernst Jünger, Ares Verlag, Graz 2006, 352 Seiten, Abbildungen, 19,90 Euro), die sich mehr oder weniger "verstrickten". Wie zu befürchten war, tragen die Exzerptcollagen nichts zum Verständnis eines Jünger, Breker oder Baeumler, einer Riefenstahl oder Winifried Wagner bei, was man nicht aus der reichhaltigen Literatur über deren Lebenswege schon wüßte. Weniger Prominente wie Christoph Steding bedenkt Bräuninger mit blamablen drei Seiten. Auf solch abschüssiger Bahn muß man ihm dann nicht mehr bis zur Talsohle folgen, zum Versuch, Ernst H. Kantorowicz zu verstehen, oder gar bis zur Reanimierung des "NS-Senatsgedankens", die ein Konterfei Michael Kühnens illustriert, aufgenommen aus Adorantenoptik. Die einzige unter zahllosen Peinlichkeiten, die dem Verfasser nicht anzulasten ist, dürfte die Behauptung auf dem Einband sein, Marion Gräfin Dönhoff sei Mitarbeiterin des Goebbels-Blattes Das Reich gewesen.

 

Abwehr 1945. Anders als die gescheiterte Ardennenoffensive oder die blutigen Kämpfe im "Hürtgenwald" im Januar 1945 stützt sich die militärische Historiographie der Folgezeit bis zur Überwindung des Rheins durch die Alliierten im März hauptsächlich auf deren direkte Quellen. Die jüngste Veröffentlichung der in Kriegsgefangenschaft von hohen Offizieren der im Rheinland den Abwehrkampf verantwortenden Heeresgruppe B für die Amerikaner angefertigten Studien an das Bundesarchiv hat Wingolf Scherer bewogen, über diese letzte Phase des Krieges im Westen mit reicher Bebilderung und vielen Originalstimmen eine umfangreiche Gesamtdarstellung herauszugeben. Nicht erst die bedrückende Darstellung des völlig zerstörten Kölns ruft den Schrecken dieses Kampfes auf verlorenem Posten wach (Verzweifelte Abwehr. Von der Rur an den Rhein zwischen Köln und Krefeld Februar/März 1945. Helios Verlag, Aachen 2006, 132 Seiten, gebunden, Abbildungen, 29,70 Euro).

 

Heldenverehrung. Waren die Träger des Ritterkreuzes mit Eichenlaub und Schwertern wirklich "die Kühnsten der Kühnen", wie der Verlag seine Porträtgalerie bewirbt, die einige dieser Helden "lebendig und lebensnah" darstellen soll? Immerhin gab es ja noch "Kühnere", denn 26 der 152 Schwerterträger bekamen sogar "die Brillanten". Feldmarschall Erwin Rommel, Kapitän zur See Wolfgang Lüth und das Flieger-As Adolf Galland, die in diesem Band berücksichtigt werden, errangen auch jene höchste Auszeichnung. Die übrigen Schwerterträger, die die der pseudonyme Landser-Autor Karl Alman auswählt, gehören fast alle zur Generalität. Da deren Lebensläufe aber hinreichend bekannt sind, wäre es, auch sozialgeschichtlich, interessanter gewesen, uns näher mit den Hauptleuten und Majoren bekannt zu machen, von denen nicht wenige sich ihrer Tapferkeitsauszeichnung nur kurz erfreuen konnten. Insofern bleibt Alman weit zurück hinter Florian Bergers 2003 schon in dritter Auflage erschienenem Werk über die "höchstdekorierten Soldaten des Zweiten Weltkrieges" (Mit Eichenlaub und Schwertern. Pour le Mérite Verlag, Selent 2006, 306 Seiten, Abbildungen, 19,95 Euro).


Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen