© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 46/06 10. November 2006

Meldungen

Demokratisch zur bewaffneten Nothilfe

STUTTGART. Die jetzt zahlreich zutage getretenen, vom Sadismus bis zur Nekrophilie reichenden "menschlichen Schwächen" während des Exports von "Demokratie und Menschenrechten" haben den Enthusiasmus intellektueller Anwälte "humanitärer Interventionen" nicht dämpfen können. So glaubt der Züricher Rechtsphilosoph Peter Schaber immer noch, daß aus Massenverbrechen wie in Ruanda oder im Sudan eine endlich auch völkerrechtlich zu fixierende Pflicht zu humanitärer "Nothilfe" abzuleiten sei (Archiv für Rechts- und Sozialphilosophie, 3/06). Schaber bewegt sich dabei ganz auf den kosmopolitischen Spuren von Peter Singer, dessen "Ethik für die Globalisierung" ("One World", 2002) westlichem Interventionismus das gute Gewissen liefert. Schaber sieht die Schwachstelle des neuen weltpolitischen Imperativs nur noch in der Frage der Autorisierung von "Nothilfe". Der UN-Sicherheitsrat solle fortan nicht mehr über Interventionen entscheiden. Stattdessen müßten sie in die Hand der UN-Vollversammlung gelegt werden, am besten in eine "direkt durch die Völker" gewählte. Dieses Plebiszit, meint Schaber unübertrefflich naiv, würde der Praxis, humanitäre Intervention in den Dienst nationaler Machtinteressen zu stellen, ein Ende setzen.

 

Fiktives Recht auf Rückkehr

BERLIN. Der kleine Grenzkonflikt in der Stettiner Bucht stand erst noch bevor, als die Herausgeber der Deutschen Zeitschrift für Philosophie in seherischer Voraussicht das Schwerpunktthema "Staatlichkeit und Territorialität" wählten (Heft 4/2006). Was Frank Dietrich (Leipzig) dort zur "Legitimation territorialer Ansprüche" reflektiert, ist indes so philosophisch verunklart, daß es den stets unstillbaren Ansprüchen Warschauer Realpolitiker wohl kaum Munition liefern wird. Wirklichkeitstauglicher und doch mit aller gebotenen Vorsicht wendet sich Lukas H. Meyer (Bern) der Frage "Nach dem Recht auf Rückkehr" zu. Allerdings nicht unter dem Aspekt der ostdeutschen, sondern palästinensischen Vertreibungsproblematik, obwohl der Leser an Parallelisierungen nicht gehindert wird. Meyer glaubt den Palästinensern ein Rückkehrrecht im Sinne eines menschenrechtlichen Heimatrechts nicht absprechen zu dürfen, was aber die faktische Machtlage zur Fiktion mache. Selbst wenn sie in einen noch zu gründenden eigenen Staat zurückkehren könnten, wäre der Zweistaatenkompromiß nur eine unbefriedigende Lösung. Denn von keiner israelischen Regierung sei zu erwarten, daß sie die politische Verantwortung für das "Unrecht der Vertreibungen" übernehme, da sie damit das jüdische Existenzrecht in Palästina in lebensgefährlicher Weise delegitimiere. Insoweit steht oder fällt dieser Staat mit der Behauptung seines Territoriums.

 

Erste Sätze

Ich hab's satt. Ich mag nicht mehr.

Heinz Casdorff: Heiteres Capri, Hamburg 1936


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