© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 47/06 17. November 2006

Volker Zastrow
Der Zuspitzer
von Michael Paulwitz

Volker Zastrow macht Politik bei der FAS" - das ist die beste Nachricht seit langem aus der Zeitungswelt. Am Mittwoch, den 15. November hat der FAZ-Redakteur die Leitung des Ressorts "Politik" der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung übernommen. Mit ihm hat sich ein profilierter konservativer Journalist in die erste Etage einer der großen deutschen Sonntagszeitungen vorgearbeitet.

Vom Aussterben bedrohte Tugenden seines Metiers sind sein Markenzeichen: Objektivität in der Sache, Schärfe im Urteil, Stilsicherheit in der Formulierung. Heiße Eisen packt Zastrow mit Vorliebe an. Hartnäckig recherchierte er den Verstrickungen von SPD-Chef Engholm in die Barschel-Affäre nach. Im Fall des "rassistischen Überfalls" von Potsdam auf Ermyas M. enttarnte er antideutsche Voreingenommenheiten der Strafverfolgungsbehörden pointiert als "neues ius sanguinis". Seine Reportagen vom Mannheimer Prozeß gegen den Holocaust-Leugner Ernst Zündel sind Kabinettstücke einer feinen Hintergründigkeit, die auch die Zwischentöne meisterlich beherrscht.

Von sich selbst gibt Zastrow - auch so eine gern vergessene Journalistentugend - so gut wie nichts preis. Sein Lebenslauf in der hauseigenen Selbstvorstellung der FAZ-Redakteure hebt sich von denen seiner Kollegen durch provozierende Kürze ab: 1958 geboren und aufgewachsen in Niebüll, Geschichtsstudium an der FU Berlin, Oktober 1990 Politik-Redakteur bei der Frankfurter Allgemeinen, seit 2000 verantwortlich für die "Gegenwart"-Seite. Das war's. Wer mehr über den Journalisten Zastrow erfahren will, muß schon seine Artikel lesen.

Wortkarg ist der Mann aus dem Norden Nordfrieslands nämlich nur, wenn es um die eigene Person geht. Professionell liebt er das Zuspitzen. Politiker? "Fernsehjunkies"! Für unersättliche CDU-Generalsekretäre wie Laurenz Meyer setzt es Sarkasmus. Und die Aufregung um die geschmacklosen Bundeswehr-Totenkopf-Fotos ist für ihn vor allem ein Boulevard-Skandal, den er zur Abwechslung einmal aus der Perspektive der Soldaten und der Lage in Afghanistan betrachtet. Aus dem betulichen "Sowohl als auch"-Rauschen, das die Leitartikel- und Kommentarspalten der FAZ allzu oft nur sanft in der Dünung treiben läßt, ragen Zastrows Wortmeldungen wie Leuchttürme im Nebel heraus.

Politisch korrekter Gesinnungskonformismus ist seine Sache nicht. Daß er für seine Abrechnung mit der feministischen Modeideologie des "gender mainstreaming" als "politischer Geschlechtsumwandlung" vom Emanzen-Schlachtroß Emma zum "Pascha des Monats" ernannt wurde, mag er als Ehrentitel tragen: Zastrow hat solide recherchiert und gibt nonkonforme Denkanstöße zu einem Thema, das unter Politikern schon niemand mehr zu hinterfragen wagt.

In der Tat: Zastrow macht Politik. Auf die nächsten Ausgaben der FAS darf man gespannt sein. Vielleicht bekommt Deutschland ja eine weitere konservative Wochenzeitung - der Meinungsvielfalt kann das nur guttun.


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