© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 47/06 17. November 2006

Meldungen

Freud: Auf den Schultern des Riesen

STUTTGART. Der Heidelberger Ägyptologe Jan Assmann möchte sich gern auf die Schultern von Riesen stellen, um weiter blicken zu können als sie. Einer dieser Riesen ist für den bei der "Erinnerungsarbeit" so rührigen Assmann der Psychoanalytiker Sigmund Freud. Kultur- und Religionswissenschaftlern rät er zu fleißiger Rezeption dessen, was Freuds Erforschung der individuellen Psyche zutage gefördert hat (Psyche. Zeitschrift für Psychoanalyse, 60/2006). Seit Freud ist nicht mehr zweifelhaft, daß die individuelle psychische Struktur durch das kollektive kulturelle Gedächtnis geprägt werde. Nur werde es nicht, wie Freud annimmt, phylogenetisch vererbt, sondern ontogenetisch erworben, etwa durch Spracherwerb, Kommunikation und komplexe interaktive Prozesse weit unterhalb des Bewußtseins. Speziell die "archäologisch" orientierte Religionswissenschaft könne daher ihren Blick schärfer auf die "archaischen Erbschaften" der religiös sozialisierten menschlichen Psyche richten. Schließlich ruhe nicht zuletzt das Christentum auf älteren Religionen, die es kollektivpsychisch nicht folgenlos als "Heidentum verteufelt" habe.

 

Der Anzeigenkunde als Meinungsmacher

MÜNCHEN. Der berühmte Satz des Publizisten Paul Sethe, Pressefreiheit sei die Freiheit von 200 reichen Leuten, ihre Meinung zu sagen, steht im Mittelpunkt eines Gesprächs mit Benno H. Pöppelmann, dem Justitiar des Deutschen Journalisten Verbands (Zeitschrift für Rechtspolitik, 7/06), das der "inneren Pressefreiheit" gewidmet ist. Anlaß ist der sich verschärfende Kommerzialisierungsdruck in den bundesdeutschen Redaktionsstuben, der unlängst der Zeit die Kritik eintrug, ihre "Liberalität" dem "Markt" zu opfern (Blätter für deutsche und internationale Politik, 9/06). So sei also zu fürchten, daß nicht nur "in einigen Redaktionen" der "Anpasser" den "Querdenker" aus dem Feld schlagen werde. Für Pöppelmann mehrten sich tatsächlich die Anzeichen dafür, daß der um den Anzeigenkunden besorgte Verleger oder "Investor" den redaktionellen Betrieb in "beängstigender" Weise bestimme. Erste, noch spektakuläre Kündigungen auf Druck von Anzeigenkunden seien schon erfolgt. Insoweit sei Sethes Pessimismus sogar noch zu überbieten: Bezogen auf die Tageszeitungen seien es heute "viel weniger" als 200 Leute in Deutschland mit durchsetzbarem Meinungsdiktat. Denn schließlich gebe es nur noch 134 Zeitungen, die als "redaktionell selbständig" gelten können.


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