© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 50/06 08. Dezember 2006

Luftnummern
von Rolf Stolz

Da saßen sie in Köln parteitäglich zusammen, die grünen Großkopferten und jene teils noch hoffnungsvoll-naiven, teils hoffnungslos abgebrühten Basisvertreter. Sie bemühten sich nach Kräften, die Vorgabe der Medienleute, "Auffallen durch inhaltliche Positionen ist überlebensnotwendig", zu erfüllen. Inhalte müssen nun her, seit die Zeiten der Turnschuh-Schlagzeilen und Fischer-Chöre vorbei sind und mit dem bei den Sprecherwahlen abgestraften Duo Reinhard Bütikofer & Claudia Roth kein Staat mehr zu machen ist.

Aber mit dem Auffallen ist das so eine Sache. Sind die Inhalte eher Mogelpackungen als tatsächliche Ziele, riechen die Wähler irgendwann den Braten. So berechtigt die meisten Detailforderungen zum Klimaschutz sind, wird hier defensive Verbotspolitik betrieben, statt auf eine geistig-technologische Offensive zu setzen, und die angeblich langfristig angestrebte "Nullemissionspolitik" zu einer Luftnummer. Ebenso verlogen ist es, jetzt nach Korrekturen jener Hartz-IV-Pseudoreformen zu rufen, die man kürzlich noch von der Regierungsbank aus abgesegnet hatte. Die einst für die Grünen zentrale Friedenspolitik ist zu amerikahörigen Militärmissionierungen verkommen, die Sozialpolitik auf 2007 vertagt. Wenn man die Grünen bereits "auffallend mittelstandsfreundlich" nennt, so bedeutet dies im Klartext "massiv monopolfreundlich", was auch an der Forderung deutlich wird, das Lieblingskind aller Neoliberalen, die Europäische Verfassung, doch bitte endlich den Völkern aufzuzwingen.


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