© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 51/06 15. Dezember 2006

Joachim Kardinal Meisner
Der Standhafte
von Georg Alois Oblinger

Und wieder einmal steht der Kölner Kardinal Joachim Meisner in der Kritik. Die jüngste "Richtlinie des Erzbischofs zu multireligiösen Feiern in der Schule" rief sowohl die Grünen im Bundestag wie auch den Bundesverband "Aktion Humane Schule" auf den Plan. Meisner hatte in der Mittwoch vergangener Woche veröffentlichten Weisung deutlich gemacht, daß von Kindern nicht erwartet werden kann, gemeinschaftliches Beten von Schülern unterschiedlicher Religionszugehörigkeit von einem Beten zu "ein und demselben Gott" zu unterscheiden. "Eine Vermischung der Religionen und Gottesvorstellungen muß aber vermieden werden", so das Bischofsamt, weshalb katholische Religionslehrer sich nicht an solchen Feiern beteiligen sollen. Nun sprechen die Kritiker von einer "unchristlichen Anweisung", die dem "multikulturellen Austausch" im Wege stehe, und rufen dazu auf, die bischöfliche Weisung zu ignorieren.

Kardinal Meisner, der am ersten Weihnachtsfeiertag sein 73. Lebensjahr vollendet, sorgte in den letzten Jahren schon für Schlagzeilen, als er erklärte, der CDU stehe das "C" im Namen nicht mehr zu, als er die Abtreibung mit dem Holocaust verglich, als er die Aufwertung gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften kritisierte oder als Meisner eine Revidierung der "Königsteiner Erklärung" von 1968 forderte, die mit der Betonung der Gewissensentscheidung des Einzelnen die Autorität des römischen Lehramtes generell in Frage stellte.

Auch an seiner Personalpolitik nimmt man Anstoß - allerdings vor allem deshalb, weil mit seiner Ernennung zum Erzbischof von Köln 1989 der bis dato herrschende sprichwörtliche "Kölner Klüngel" in die Schranken gewiesen wurde. Bei Meisner kommen die Bewerber zum Zuge, die Qualifikation mit Loyalität zum Lehramt verbinden. Diese fand man früher hauptsächlich im Jesuitenorden, heute - nicht nur in Köln, sondern in der Weltkirche - oftmals im Opus Dei. Gerade waren Meisner und das Opus Dei dem Spiegel eine mehrseitigen "Enthüllungsgeschichte" über die "katholisch-erzkonservativen Netzwerker" wert.

Das von seinen Kritikern vorgebrachte Argument, Kardinal Meisner falle mit seiner Weisung hinter Papst Johannes Paul II. und das interreligiöse Treffen von Assisi 1986 zurück, geht fehl, denn auch bei dem berühmten Gebetstreffen wurde keineswegs miteinander, sondern nacheinander gebetet, während die jeweils Andersgläubigen schwiegen. Kardinal Meisner verwahrt sich zudem dagegen, Gottesdienste zu instrumentalisieren - und sei es zur Förderung der Integration. Damit tritt er nicht nur dem Synkretismus entgegen, sondern erinnert auch daran, daß Toleranz immer einen eigenen Standpunkt voraussetzt. Dieser muß Kindern jedoch zuerst vermittelt werden.

Angesichts der erneut ausgebrochenen Welle von Anfeindungen bleibt dem standhaften Kardinal der Trost der Bibel. So sagte schon Jesus zu seinen Jüngern: "Wenn die Welt euch haßt, dann wißt, daß sie mich schon vor euch gehaßt hat." (Joh 15,18)


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