© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 03/07 12. Januar 2007

Frisch gepresst

Deutschland 2050. "Vorausschauendes politisches Gestalten ist zur Ausnahme geworden", ziert der Politikwissenschaftler Winfried Kösters Meinhard Miegel, der mit seinen Kassandrarufen über die demographische Katastrophe mehr Publikumserfolg als politisches Gehör bekommen hat. Anders als Miegel versucht Kösters in seinem Buch, weniger die deprimierende Situation und ihre Gründe zu beschreiben, als "den Weg zur Multiminoritätengesellschaft aktiv zu gestalten", wie sein etwas sperriger Untertitel verrät. Seine zugrunde gelegte Analyse über die Fertilität, Mortalität und Migration ist zutreffend und als langfristige Entwicklung wohl tatsächlich "irreversibel": nämlich, daß die autochthonen Deutschen nicht nur weniger und älter, sondern in knapp zwei Generationen zur Minderheit im eigenen Land werden - eben "bunter", wie Kösters gedankenlos das Motto von Multikulti-Apologeten nachplappert. Kösters hält sich allerdings weniger am Lamento über die verfahrene Situation auf, sondern möchte auch "Zuständigkeiten und Lösungspotentiale" aufzeigen. Dabei weist der durch Publikationen zur Kommunalpolitik mit diesem Feld versierte Autor diesen kleinsten politischen Einheiten die wesentliche Aufgabe zu. Bei der Infrastruktur und selbst der Integrationspolitik kann man dem ansatzweise zustimmen, allerdings mag sich die geweckte Hoffnung, damit "die gesellschaftliche Großaufgabe" zu bewältigen, angesichts sonst etwas hilflos wirkender Forderungen wie nach einem "Mentalitätswandel" nicht einstellen (Weniger, bunter, älter. Olzog Verlag, München 2006, broschiert, 256 Seiten, 19,90 Euro).

Tschaikowsky. Die Reihe "Monographien" des Reinbeker Rowohlt-Verlages hat 2006 eine weitere Ergänzung im Taschenbuchformat erfahren (Peter Tschaikowsky. broschiert, 159 Seiten, Abbildungen, 8,50 Euro). Der emeritierte Hamburger Musikwissenschaftler Constantin Floros hat ein lesenswertes Kompendium über den russischen Komponisten (1840-1893) geschaffen. Die biographische Skizze erschließt das Leben des in der tiefen Provinz (Wotinsk am Ural) geborenen Genies informativ, hervorstechend sind allerdings eher seine musikinterpretatorischen Skizzen, in denen man Floros' Profession erkennt. Im Gegensatz dazu stehen die verzichtbaren Versuche, die empfindsame Persönlichkeit, eine eventuelle Homosexualität ebenso wie "die mysteriösen Todesumstände" Tschaikowskys - es war wohl doch nur die Cholera - rückwirkend erklären zu wollen.


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