© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 05/07 26. Januar 2007

Verspätete Sühne
von Alexander von Stahl

Mit Brigitte Mohnhaupt und Christian Klar stehen zwei führende Mitglieder der früheren Rote Armee Fraktion (RAF) womöglich kurz vor ihrer Haftentlassung. Die Resthaftzeit von Mohnhaupt, deren vorzeitige Freilassung noch vor knapp einem Jahr wegen der "besonderen Schwere der Schuld" abgelehnt worden war, soll nun nach dem Willen der Bundesanwaltschaft zur Bewährung ausgesetzt werden. Bei Klar liegt die Sache nur wenig anders: Zwar läuft die vom Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart festgesetzte Mindestverbüßungszeit seiner Strafe erst 2009 ab, doch denkt Bundespräsident Horst Köhler offenbar über seine Begnadigung nach.

Das Mindeste, was man für eine vorzeitige Haftentlassung von den Inhaftierten erwarten darf, ist ein glaubwürdiges Zeichen der Reue. Doch das haben Mohnhaupt und Klar, soweit bekannt, bislang vermissen lassen. Auch daß beide keine Gefahr für die Gesellschaft mehr darstellten, kann kein Kriterium für die Sühne bereits begangener Verbrechen sein.

Bei der RAF handelte es sich um eine terroristische Vereinigung, die von Mohnhaupt, Klar und anderen noch aus dem Gefängnis heraus geführt wurde. Ihre Mitgliedschaft war ein Dauerdelikt, dessen Sühnung nicht schon mit ihrer Inhaftierung, sondern allenfalls mit der Selbstauf­lösung der RAF 1998 einsetzte. Der Bundespräsident und das OLG Stuttgart wären gut beraten, die Jahre von 2007 bis 1998 zurückzurechnen, bevor sie über eine vorzeitige Haftentlassung entscheiden.

 

Alexander von Stahl war von 1990 bis 1993 Generalbundesanwalt.


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