© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 05/07 26. Januar 2007

Zeitschriftenkritik: GralsWelt
Ein Kelch voller Rätsel
Werner Olles

GralsWelt, die vierteljährlich mit einem Umfang von 84 Seiten erscheinende "Zeitschrift für Geisteskultur und ganzheitliche Zusammenhänge", fühlt sich laut ihrer Blattlinie einem "zukunftsweisenden, ganzheitlichen Weltbild verpflichtet, in welchem Glaube und Wissenschaft einander sinnvoll ergänzen". So bemüht man sich dann auch, die "wertvollen Seiten unseres Menschseins zu beleuchten und zur Geisteskultur beizutragen". Das sind in der Tat ideale, aber leider eben auch idealistische Vorstellungen, die sich in der harten Alltagsrealität gewiß nicht immer verwirklichen lassen. Doch regt bereits der Titel zum Nachdenken an. Denn der Heilige Gral gilt ja als jener Kelch, in dem das vergossene Blut Christi am Kreuz aufgefangen wurde. Später avancierte der Gral in unzähligen Sagen und Legenden mit rätselhaftem Inhalt - dem christlichen Gedankengut weitgehend fremd - zu jenem sagenumwobenen und vielbegehrten Gefäß mit märchenhaften Wunderkräften.

Auf den ersten Blick ordnet man die Zeitschrift zwar dem überschwemmenden Esoterikmarkt zu, aber bei der Lektüre wird dann schnell deutlich, daß man es hier durchaus mit einem seriösen und vor allem sehr liebevoll aufgemachten Magazin zu tun hat, das laut Verlagsangaben über 7.000 Abonnenten verfügt. Und wem trockenes Schulwissen ohnehin viel zu wenig Spannung, Abwechslung und Unterhaltung bietet, der wird bei der Lektüre von GralsWelt garantiert fündig. Ein breitgefächertes Themenspektrum, das von den "Geheimnissen der Bundeslade" und der "Botschaft der Hopi-Indianer" über "Die jenseitigen Dimensionen des Menschen" und "Die Ebenen der Schöpfung" bis zu den "Religionen der Antike" und dem "Orakel von Delphi" reicht, berührt in Form von Fachbeiträgen, Berichten, (Foto)-Reportagen und Interviews viele zentrale Fragen zu unerforschten Geschehnissen, zeitlosen Weisheiten, geheimnisvollen Mächten und der Wirklichkeit hinter den Mythen.

Daß man bei einem so vielfältigen Themenangebot neben manchen überraschenden Antworten und einigen ungewohnten Ausblicken auch mit Gedankenwelten konfrontiert wird, die einem selbst nicht schlüssig erscheinen, muß man als Leser dabei natürlich in Kauf nehmen. So ist beispielsweise die Beschäftigung mit dem Christentum teilweise problematisch. Hier neigt man zu synkretistischen Vorstellungen, wie die Ablehnung konfessioneller Dogmen und die unkritische Bejahung der aus dem Buddhismus und Hinduismus stammenden Reinkarnationslehre beweist. Ein Beitrag über Jesus von Nazareth zweifelt allein deshalb am Kreuzes-Sühnetod, weil hierin "kein Akt der Gottesliebe" liegen könne. Mit einer "Liebestat des Schöpfers" habe dies nichts zu tun gehabt, vielmehr sei es ein "brutaler Mord" gewesen. Tatsächlich war die Kreuzigung Christi ein grauenvoller Justizmord an einem völlig Unschuldigen. Daß der Verfasser jedoch - wie viele andere auch - den allem zugrunde liegenden Erlösungsgedanken nicht nachvollziehen kann, zeigt nur, daß offenbar eine neue synkretistische Glaubensrichtung als Welt-Großreligion entsteht, über deren Wesen bis jetzt nur wenig bekannt ist.

Stiftung Gralsbotschaft. Schluckertstraße 8, 71254 Ditzingen. Der Einzelpreis beträgt 6,40 Euro, das Jahresabo kostet 21,80. Internet: www.gral.de 


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