© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 06/07 02. Februar 2007

WIRTSCHAFT
Totgesagte leben länger
Wilhelm Hankel

Dem US-Dollar läutet die Todesglocke seit 30 Jahren. Noch zum Jahreswechsel prophezeiten Analysten seinen Kursverfall auf 1,40 bis 1,50 Euro. Davon ist nicht mehr die Rede. Auch Teheran, Moskau und Caracas haben ihre Pläne, die Dollar- durch die Euro-Fakturierung zu ersetzen, stillschweigend begraben. Aber warum irren sich die Auguren in Sachen Dollar so permanent? Weil sie die Gesetze der Finanz- und der Ölmärkte ignorieren. Über die Weltwährung entscheidet nicht die reale Stärke der hinter ihr stehenden Volkswirtschaft, sondern allein ihre weltweite Liquidität - ob man sie weltweit ohne Kursabschlag verwerten kann. Internationale Geschäfte werden am größten Geldmarkt und in der bekanntesten Währung getätigt. Seit dem Zweiten Weltkrieg ist das der Dollar, davor war es das Pfund Sterling. Selbst eine Bank, die als "Deutsche" firmiert, zieht es nach London und New York. Schon den Phöniziern waren die "Zustände im alten Rom" egal, sie benutzten das fremde römische Weltgeld.

Solange die Finanzindustrie der Eurozone ihre Produkte in US-Dollar auszeichnet, hat der Euro keine Chance, das Welthandelsmonopol des Dollars zu brechen. Die riesigen US-Leistungsbilanzdefizite signalisieren nicht den drohenden Zusammenbruch der US-Wirtschaft, sondern den Heißhunger der Weltwirtschaft nach Weltgeld; denn nur über die US-Defizite strömt es zu den aufstrebenden Ländern von China bis Indien. Es entsteht aus den Schulden und -Defiziten der USA, ein Prozeß, dessen Ende - noch - nicht in Sicht ist. Und die Euro-Pläne von Hugo Chávez und Mahmud Ahmadi-Nedschad? Sie scheitern einerseits an ihren fehlenden Raffineriekapazitäten. Zudem muß das Euro-Kreditgeschäft an den Weltölmärkten erst noch aufgebaut werden.


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