© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 07/07 09. Februar 2007

Maximilan Brückner
Der Jung-Konservative
von Ellen Kositza

Wer auf der Berlinale zum "Shooting Star" des Jahres gewählt wird, mag sich über den leicht dämlichen Kategoriennamen grämen. Daß derselbe als Sprungbrett taugt, ist indes so gut wie gewiß. Bisherigen "Shooting Stars" blühte hernach eine beachtliche Karriere; Franka Potente, Benno Fürmann, Moritz Bleibtreu, Nina Hoss und Daniel Brühl, damals bestenfalls Semi-Prominenz, trugen bereits diesen Titel; alle gelten sie seither - und zu Recht - als 1a-Besetzung. Daß die diesjährige Wahl des am kommenden Montag verliehenen Preises auf den 28jährigen Bayern Maximilian Brückner fällt, ist ein besonderer Glücksgriff. Denn die Gratwanderung des "Abhebens" (karrieretechnisch), ohne "abzuheben" (menschlich), gelingt diesem Schauspieltalent vorbildlich.

Brückners Markenzeichen - für seine erste Kino-Hauptrolle in "Männer wie wir" (2004) wurde er wegen seines "Anti-Zeitgeist-Gesichts" ausgewählt - ist seine Bodenständigkeit. Aufgewachsen als ältester von acht Geschwistern in sogenannten einfachen Verhältnissen, zeigt sich der Grimme-Preisträger auf unprätentiöse Art heimatverbunden und glamourresistent. Der "ganze High-Society-Kram" gehe ihm "auf die Nerven", äußert er in Interviews, statt des verhaßten "Bussi-Bussi" strecke er den Leuten zur Begrüßung schlicht die Hand entgegen.

Der Hobby-Schuhplattler aus Rieding am Simssee in Oberbayern bekennt seinen Stolz "auf unsere Kultur". Darüber müsse er "gar nicht nachdenken", weil "das mein Leben ist". Er wundert sich nur, daß er es so oft erklären muß, "wohl weil das offenbar irgendwie was 'Abnormes' ist". Das Absurde daran überführt er mit dem Vergleich: "Die Leute fahren nach Mexiko, hören sich Mariachi-Musik an, finden das toll, machen tausend Fotos." Für deutsche Volksmusik aber "wird man belächelt". Der Blasmusiker ist nämlich nach wie vor bei den Jungen Riedinger Musikanten aktiv. Mit zweien seiner Brüder bewohnt der hellblond-blauäugige Brückner ein Bauernhaus in seiner Heimatgemeinde. Motto: "Ehe ich die Familie aufgebe, würde ich den Job hinwerfen."

Dort reüssiert er derzeit dreifach: als Kommissar Franz Kappl im saarländischen "Tatort", im Kinofilm "Schwere Jungs" und als Theaterschauspieler am Münchner Volkstheater. 2005 spielte er im Oscar-nominierten "Sophie Scholl - Die letzten Tage" den Widerständler Willy Graf. Dem TV-Publikum dürfte ihn das "Tatort"-Engagement bekannt gemacht haben. Eine Rolle, mit der Brückner sich eigentlich nicht identifiziert: Jeans und Lacklederschuhe sind nicht "Seins", schon gar nicht die Karrierementalität des aus Bayern zugezogenen Ermittlers: Den Vater in der Heimat zurücklassen, wo die Mutter gerade verstorben ist, das liegt Brückner fern.

Eigentlich wollte er ja Medizin studieren, zum Vorsprechen an der renommierten Otto-Falckenburg-Schauspielschule in München hat ihn seine Mutter überredet. Statt zu deklamieren, sang er ein Hirtenlied - und wurde genommen. "Der Herrgott meint es gut mit mir", sagt Brückner, und das wünscht man ihm weiterhin.


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