© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 07/07 09. Februar 2007

Zeitschriftenkritik: Éléments
Risse im Sternenbanner
Silke Lührmann

Zum Thema Terrorismus wartet die brandneue Nummer 123 der von Michel Marmin unter regelmäßiger Mitwirkung Alain de Benoists verantworteten Éléments mit explosiven Thesen auf. Sprengstoff birgt schon das Titelbild, das Osama bin Laden und George W. Bush als Karnevalspuppen in brüderlicher Umarmung zeigt: "Wer terrorisiert wen?" Im Licht dieser Leitfrage kontrastiert Éléments den Terroristen des 21. Jahrhunderts mit Carl Schmitts Partisanen, ohne die übrigen Akteure aus dem Blickwinkel zu verlieren. So fragt das Editorial (in deutscher Übersetzung nachgedruckt auf Seite 11) nach der Rolle der Medien, das zwölfseitige Dossier nach jener der Machthaber. Seinen Einzug in die Politik habe der Terror schließlich als staatliche Repressionsmaßnahme genommen, lautet die Prämisse dieses geschichtlichen Abrisses von der Französischen Revolution bis zum 11. September 2001.

Mal spielerisch, mal bitterernst durchzieht die Allergie gegen die US-amerikanische Weltherrschaft - längst vor dem Irak-Krieg ein Schlüssel zu Benoists publizistischem Wirken - nicht nur diese Ausgabe. Zur Bebilderung einer Rezension des neuen Werks von Globalisierungs- und Wachstumskritiker Serge Latouche strahlen den geneigten Leser (und welcher Éléments-Leser wäre abgeneigt?) ein feistes Kleinkind im McDonald's-Lätzchen sowie eine Frau an, die Prozac als Waschmittel für die Seele anpreist. Eine andere Buchempfehlung gilt Claude Hagèges Streitschrift gegen die Überfremdung des Französischen mit Anglizismen - und das unterhalb eines kaum minder flammenden Plädoyers für die Rückkehr zur klassisch-humanistischen Schulbildung, insbesondere zur Sprache der ursprünglichen mehr oder weniger sanften Hegemonie über Westeuropa.

Sah das letzte Heft mit dem Schwerpunkt "Miese Zeiten für Uncle Sam: Neue geopolitische Bruchlinien" Silberstreifen am Horizont - dort nämlich, wo das um den ganzen Erdball gespannte Sternenbanner vor allem über Lateinamerika Risse zeigt -, so fällt die Prognose diesmal finster aus: Die Ära des Terrorismus hat erst begonnen. Ein Schurke, wer zwischen Licht und Schatten eine Kontingenz erkennen wollte.

Wie in der Bildsprache schwingt auch im Tonfall vieler Beiträge eine feine Ironie mit, die - fast möchte man sie typisch französisch nennen - mancher hiesigen Publikation gut anstünde. Polemik (ein rhetorisches Mittel, das im Französischen "Kontroverse, Streit" bedeutet und hier im besten Wortsinn beider Kulturen zum Einsatz kommt) und nüchterne Erörterung halten einander beinahe die Waage. Gegen Durchblutungsstörungen im Gehirn hilft der ständige Wechsel zwischen Hitzig und Kühl allemal.

Neben dezidiert politischen Themen bietet Éléments Raum für eine Kulturkritik, die ihren Namen verdient. Hier findet manches Nischeninteresse Würdigung, dazu sowohl Edgar Reitz' "Heimat"-Zyklus als auch - mit einem Interview zu James Ellroys Amerika - eine Mainstream-Produktion wie Brian de Palmas Thriller "Die schwarze Dahlie".

Anschrift: Societé des éditions du Labyrinthe. 18-24 Quai de la Marne, F - 75164 Paris Cedex 19. Internet: www.labyrinthe.fr. Das Einzelheft kostet 5,50 Euro, das Jahresabo (fünf Ausgaben) im EU-Ausland 28,25 Euro.


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