© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 09/07 23. Februar 2007

Schwarzlackierte Sozis
von Michael Paulwitz

Der CDU gehen die Alibi-Konservativen aus. Merz weg, Schönbohm abserviert, Hohmann davongejagt - jetzt muß Fraktionschef Volker Kauder in die Bresche springen und im Streit um das richtige Leitbild für Ehe und Familie den Hüter des konservativen Tafelsilbers in der Union mimen. Ein paar Familienpolitiker, die darunter noch mehr verstehen als arbeitsmarktkonforme Gleichschaltung der Mütter, sekundieren ihm. Sehr überzeugend wirkt das nicht, eher wie eine lustlose Pflichtübung. Als ob irgendwer halt die Illusion aufrechterhalten müßte, bei CDU und CSU gebe es noch eine Heimat für christliche und konservative Wähler.

Es ist wie ein Déjà vu aus Kohls Zeiten: Dregger, Lummer und Hupka dürfen mal poltern und ihre Klientel bei Laune halten, die Wegmarken für den künftigen Kurs setzen Geißler und Süssmuth. Daß ausgerechnet diese beiden jetzt wieder aus der Versenkung auftauchen, um dem Modernistenflügel um Ursula von der Leyen den Rücken zu stärken, ist angesichts der kontinuierlichen inneren Sozialdemokratisierung der Union in den letzten drei Jahrzehnten nur folgerichtig.

Inhaltliche Anämie hindert die Union daran, ihre strategischen Optionen zu erkennen und sich für eine davon zu entscheiden: entweder Orientierung zur Mitte - dann muß rechts von der Union ein potentieller Koalitionspartner zugelassen werden; oder konservatives Gegengewicht zur breit aufgestellten Linken. Als lavierende schwarzlackierte Sozis werden die Unionsparteien den Ausbruch aus der Großen Koalition nicht schaffen.


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