© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 09/07 23. Februar 2007

Mit Grün auf Kundenfang
Umweltpolitik: Durch einzelne Gewaltmaßnahmen läßt sich der Kraftstoffverbrauch nicht senken / Hybridantrieb mit Nachteilen
Christian Bartsch

Katrin Göring-Eckardt ist Grünen-Abgeordnete, sie fährt einen Lexus von Toyota mit Hybridantrieb. Der ist zwar weder klein noch billig, aber einer Bundestagsvizepräsidentin angemessen. Parteikollegin Renate Künast, die als Verbraucherschutzministerin in einem Audi A8 mit über 300 Diesel-PS chauffiert wurde, hat das jetzt allen Deutschen anempfohlen: "Leute, kauft Hybrid-Autos von Toyota!" mahnte die Grünen-Fraktionschefin via Financial Times Deutschland.

Mal abgesehen davon, daß der "grüne" Verkehrsclub Deutschland (VCD) den Honda Civic Hybrid als ökologischstes Auto auf seiner Umweltliste empfiehlt, war das Echo verheerend. "Es ist ein unglaublicher Vorgang, wenn eine ehemalige Bundesministerin quasi zum Boykott deutscher Autos aufruft", empörte sich etwa FDP-Vize Rainer Brüderle. Doch Künast ging es eigentlich nicht um Werbung für die japanische Industrie, sondern um den Klima- und Umweltschutz. Dafür muß ein geringerer Kohlendioxidausstoß - sprich: geringerer Kraftstoffverbrauch - her.

Gesamte Umwelt- und Energiebilanz beachten

Aber warum hat die deutsche Automobilindustrie den Hybridantrieb "verschlafen"? Und ist diese Kombination aus Benzin- und Elektromotor wirklich so umweltschonend? Günter Hohenberg und Fritz Indra haben den Lexus RX 400 von Toyota analysiert und darüber beim Internationalen Wiener Motorensymposium 2006 berichtet. "Toyota hat den kompliziertesten, entwicklungsintensivsten, teuersten und risikoreichsten Weg für die Herstellung eines Vollhybridfahrzeugs gewählt, aber als Wegbereiter auch den Bonus für diese Innovation geerntet", schreiben die beiden Professoren von der TH Darmstadt.

Bei den Untersuchungen stellte sich wie erwartet heraus, daß eine Verbrauchsabsenkung nur in der Stadt und im stadtnahen Betrieb mit häufigen Brems- und Beschleunigungsphasen zu erreichen ist. So lag das Potential der "Rekuperation", des Energierückgewinns beim Bremsen, mit rund vier Prozent Verbrauchsabsenkung deutlich schlechter als der theoretische Wert. Eine Start-Stopp-Funktion läßt nochmals acht Prozent Einsparung erwarten, während 30 Prozent durch Lastpunktverschiebung am Motor erreicht wurden. Bei einer Stadtfahrt mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 25 Kilometern pro Stunde (km/h) ergab sich eine Verbrauchseinsparung von 42 Prozent. Die durchschnittliche CO2-Emission - das war der Anlaß von Künasts Toyota-Empfehlung - betrug bei dieser Untersuchung 200 Gramm pro Kilometer (g/km). Sie lag also weitab vom EU-Ziel von 120 g/km (JF 8/07).

Bei Überlandfahrt mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 42 km/h ergab sich eine Verbrauchseinsparung von 29 Prozent, auf der Autobahn mit 121 km/h waren es nur noch zwei Prozent. Bei höheren Geschwindigkeiten kletterte der Verbrauch über den von Vergleichsfahrzeugen hinaus. Betrachtet man zusätzlich die gesamte Umwelt- und Energiebilanz eines Hybrid-Autos (Herstellung und Entsorgung der Akkus, zusätzliche Wartung usw.), schmilzt der Verbrauchsvorteil weiter zusammen, wie beispielsweise Studien des Umweltbundesamtes (UBA) ergaben. Das UBA empfiehlt daher seit Jahren den Kauf kleiner, verbrauchsoptimierter konventioneller Fahrzeuge. Volkswagen hatte ein solches ab 1999 im Angebot: den Dreiliter-Lupo, damals das sparsamste Serienauto. Es unterschritt zudem den Abgasgrenzwert D4, der erst 2005 als Euro 4 in Kraft trat. Doch von diesem Auto wurden nur 30.000 Stück verkauft, so daß VW ihn 2005 aus dem Programm nahm.

Mercedes hat über 20 unterschiedliche Hybridfahrzeuge entwickelt und sie immer wieder verworfen, weil Aufwand und Ertrag für den Käufer in keinem annehmbaren Verhältnis zueinander stehen. Zu aufwendig, zu schwer, zu teuer, zu anfällig. Denn bei der Diskussion um das Hybridauto wird immer wieder vergessen, daß das Auto in Europa ein Universalfahrzeug ist, das sowohl im Kurz- wie Langstreckenverkehr optimale Eigenschaften bieten muß. Erst kürzlich hat der neue VW-Chef Martin Winterkorn dem kleinen Hybridauto eine Absage erteilt, weil die Mehrkosten von 2.000 Euro auf dem Markt nicht unterzubringen sind.

Doch nicht nur wegen der Klimadiskussion, auch angesichts der steigenden Kraftstoffpreise besteht dennoch eine steigende Nachfrage nach spritsparenden und zugleich alltagstauglichen und für breite Einkommensschichten erschwinglichen Pkws. Der Massenhersteller VW beispielsweise will daher seine "Blue Motion"-Reihe ausbauen, die vor einem Jahr mit einem verbrauchsoptimierten Vierliter-Diesel-Polo begonnen hat. Audi folgt jetzt mit dem A3 und A4 der gleichen Linie. Im Frühjahr soll der VW Passat als "Blue Motion" vorgestellt werden. Die Familienlimousine soll mit einen Verbrauch von 5,1 Liter Diesel auskommen.

Das wäre auch eine Option für die Grünen-Parteispitze um Reinhard Bütikofer, die bislang für Dienstfahrten Fünfer-BMW mit 8,5 Liter Verbrauch nutzt. UBA-Präsident Andreas Troge könnte Tips für den Umstieg geben: Das CDU-Mitglied wird seit Jahren in einem Wolfsburger Kleinwagen mit Rußfilter zu seinen Terminen gefahren. Wenn es aus ideologischen Gründen allerdings unbedingt ein ausländisches Fahrzeug sein soll, könnte Bütikofer schon heute beispielsweise auf den kleinen Citroën C1 HDi umsteigen - der verbraucht im Schnitt sogar weniger als ein Toyota Prius-Hybrid.

EcoTest 2006-Liste des ADAC im Internet: www.adac.de/images/ECO_II_tcm8-142724.pdf 

VCD-Auto-Liste: www.vcd.org/auli2006.html 


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