© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 09/07 23. Februar 2007

WIRTSCHAFT
Verschärfte Umverteilung
Jens Jessen

Wieder einmal hat sich die Bundesregierung - so der Jahreswirtschaftsbericht 2007 - zum Ziel gesetzt, den paritätisch finanzierten Beitragssatz zur Sozialversicherung unter 40 Prozent zu senken. Damit will sie das "entscheidende" Hemmnis zur Schaffung sozialversicherungspflichtiger Beschäftigungsverhältnisse abbauen. Ein empirischer Zusammenhang zwischen der Änderung bzw. der absoluten Höhe der Sozialabgabenquote und der Beschäftigung ist bisher allerdings in keiner ernst zu nehmenden Studie nachgewiesen worden. Die ständige Litanei von den viel zu hohen Lohnnebenkosten ist und bleibt ein Instrument, Kosten auf die Rücken der Arbeitnehmer abzuwälzen. Eine Entwicklung allerdings ist eindeutig nachzuweisen: Die Nettolohn- und Gehaltssumme wuchs von 1980 bis 2005 indiziert von 100 auf 132, die privaten Nettogewinne und Vermögenseinkommen sind von 100 auf 258 explodiert.

Den Ökonomen des Wirtschafts- und Sozialministeriums hätte auffallen müssen, daß zwischen Lohnquotenentwicklung und Beschäftigungsentwicklung ein Zusammenhang besteht. Wenn von 1991 bis 2005 die Reallöhne - wie die Statistik ausweist - nicht gestiegen, sondern geschrumpft sind und die Gewinne und Vermögens-einkommen abrupt zugenommen haben, ist das ein Zeichen dafür, daß die Große Koalition an die Verteilungspolitik der Vorgängerregierung bruchlos anschließt. Die daraus resultierende Nachfrage- und Arbeitsmarktschwäche - statt des erhofften bzw. versprochenen Wachstums- und Beschäftigungsgewinns - wird inzwischen auch von CDU-Seite kritisiert. Die negativen Erfahrungen mit ungleicher Verteilung sollten im Umkehrschluß die Politik zu einer Umkehr in der Verteilungspolitik bewegen.


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