© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 09/07 23. Februar 2007

CD: Rock
Gut gebrüllt
Michael Insel

Jim Peterik zählt zu den beständigsten und einflußreichsten Sängern des Melodic-Rock-Genres. Als Gründungsmitglied von Survivor, die 1982 mit dem Grammy-gekrönten, zweifachen Platin-Gewinner "Eye of the Tiger" die Hitlisten stürmten und seither bewiesen haben, daß sie ihren Namen nicht zufällig tragen, arbeitete das musikalische Multitalent später mit allen möglichen Größen der Branche zusammen: Brian Wilson von den Beach Boys, Kelly Keagy, dem ehemaligen Schlagzeuger der Achtziger-Band Night Ranger, oder dem Country-Musiker Skip Ewing. Es überrascht also wenig, wenn die jüngsten Neuerscheinungen aus dem Hause Frontiers in Peteriks überlebensgroßem Schatten stehen.

Das dritte Album seiner neuen Formation Pride of Lions führt das Rudel an. Ohne sich wesentlich von seinen Vorgängern zu unterscheiden, bietet "The Roaring of Dreams" überzeugende sängerische Leistungen sowohl von Peterik selber als auch von Toby Hitchcock, eingängige Melodien und Gitarren-Hooks sowie eine Synthesizer-Begleitung, die an Meat Loafs theatralische Balladen oder auch an den mächtigen Melodic Rock der frühen Survivor-Jahre erinnert. Der Opener "Heaven and Earth" kombiniert alle diese Elemente mit stimmgewaltigem Background-Gesang zu einem fulminanten Rocker. Auch das Titelstück, eine Power-Ballade über ein Paar, dessen Träume im täglichen Einerlei des Vorstadtlebens sang- und klangvoll untergehen, versetzt den Hörer unsanft zurück in die Achtziger. Echos von Bonnie Tylers Hit "Total Eclipse of the Heart" klingen während der gesamten sieben Minuten des letzten Stücks "Turnaround" immer wieder an. Hier erhält auch Hitchcocks jüngere Schwester Tori Gelegenheit, im Duett mit dem Bruder ihre außergewöhnliche Begabung als Sängerin unter Beweis zu stellen, während Peterik und Mike Aquino das Album mit einem Gitarren-Duell beschließen, das alle Erwartungen an zwei Rock-Veteranen voll erfüllt.

Neben dem Winger-Gitarristen Reb Beach springen auch Peterik und Aquino ihrem alten Kumpel Keagy auf dessen zweitem Solo-Album "I'm Alive" zur Seite. Um nicht zu sagen: Mit ihrer Keyboard- und hervorragenden Gitarrenarbeit setzen sie die Glanzlichter dieser Sammlung von Mid-Tempo-Balladen. Keagy vermag zwar eine gute Stimme und ordentliche Texte beizutragen (an letzterem Talent hapert es bei Peterik bisweilen), kann aber nicht verhindern, daß ein mittelmäßiges Stück übergangslos ins nächste fließt. Erwähnenswert lediglich das allzu kurze "Where Are We Now" mit seinen Beach-Boys-inspirierten Harmonien, und die kraftvolle Ballade "Where the Road Ends".

Weit besser sind die Rockballaden geraten, mit denen die deutsche Gruppe Hartmann unter dem Titel "Home" den Nachfolger ihres von der Kritik gut aufgenommenen Debütalbums "Out in the Cold" (2005) bestückt hat. Oliver Hartmann, ehemals Sänger der Power-Metal-Band At Vance, bietet einen atmosphärischen Mix aus gefühlvollen Blues-Balladen, Keyboard-Wirbeln ("Crying") und funkiger Baß-Gitarre ("Why Do I") auf, die mal die Red Hot Chilli Peppers, mal den Endsechziger-Blues von Free anklingen lassen. Toto, für die Hartmann bei ihrer letztjährigen Europatournee als Vorgruppe auftraten, und Survivor standen dem Opener "Coming Home To You" klanglich Pate, den krönenden Abschluß bildet ein wunderschönes Akustikstück, "Lay All Your Love On Me".

Für die dieser Auswahl eingangs abgesprochene Überraschung sorgt schließlich doch der frühere Tyketto-Frontmann Danny Vaughn. Dessen neue Band hat sich auf ihrem Debüt "Traveller" etwas vom Rausch der Achtziger bewahrt und reichern dies an mit vielerlei gesampelten Sounds: vom Dudelsack über indianischen Sprechgesang ("Miracle Days") bis zur keltisch angehauchten Mandoline ("Better by Far").


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