© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 09/07 23. Februar 2007

LOCKERUNGSÜBUNGEN
Integration
Karl Heinzen

Kinder binden zwar ökonomische Ressourcen und schränken die Konsummöglichkeiten der Erziehungsberechtigten sowie der Gesellschaft insgesamt ein. Sind sie aber erst einmal herangewachsen, leisten auch sie, der eine mehr, der andere weniger, einen Beitrag zu unserem Bruttosozialprodukt. Ihre Aufzucht kann somit als eine ökonomische Investition verstanden werden, und es ist durchaus vernünftig, wenn man über die bloße Konsumforschung hinaus das Objekt, in das man hier investiert, im Auge behält.

Das Kinderhilfswerk Unicef hat in diesem Sinne nun eine Studie vorgelegt, die sich mit der Situation von jungen Menschen in 21 Industrienationen auseinandersetzt. Wie immer, wenn es die Champions der guten Laune zu ermitteln gilt, sind die skandinavischen Staaten auch diesmal auf den vorderen Rängen gelandet - und wie immer mag diese Plazierung niemand so recht ernst nehmen, weil das Erfolgsgeheimnis der nordischen Gesellschaften darin zu liegen scheint, daß sie ihre Bürger zu einem krankhaften Optimismus konditionieren, der ihnen eine realistische Wahrnehmung ihrer wahren Lage unmöglich macht.

Deutschland hingegen findet sich insgesamt in einem gesicherten Mittelfeld wieder. Eher schlecht ist hierzulande die materielle Ausstattung junger Menschen. Dies könnte aber schlicht darauf zurückzuführen sein, daß zum einen Migrantenfamilien in der Regel halt am unteren Ende der Wohlstandsskala anfangen und sich erst allmählich hocharbeiten. Zum anderen wächst eine signifikante Zahl der autochthonen Kinder bei alleinerziehenden Müttern auf, deren Berufsperspektiven oft sehr überschaubar sind.

Spitzenreiter sind die in Deutschland lebenden Jugendlichen im Zigaretten- und Alkoholkonsum. Dies ist gesundheitspolitisch mit Blick auf ihre späteren Nutzungskapazitäten als Arbeitnehmer zwar zu bedauern. Allerdings darf man den hohen Alkoholkonsum auch als Indiz dafür werten, daß die Integration der muslimischen Einwandererkinder gelingt. Dafür spricht auch die Feststellung von Unicef, daß allen Horrormeldungen über vermeintliche Gewaltexzesse an Schulen zum Trotz die Aggressivität junger Menschen in Deutschland vergleichsweise gering ist.

Wie schon zu James Deans Zeiten fühlen sich Jugendliche natürlich auch heute unverstanden. So beklagt über die Hälfte der 15jährigen, daß mit den Eltern keinerlei Kommunikation stattfinde. Die Ausweitung der Ganztagsbetreuung dürfte somit in den meisten Fällen gar keine Beeinträchtigung des Familienlebens nach sich ziehen.


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