© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 09/07 23. Februar 2007

Frisch gepresst

Deutsch-Polnisches. Obwohl hundertmal beschworen, will die über eine "Aussöhnung" hinausgehende Entwicklung einer deutsch-polnischen Freundschaft analog dem großen Vorbild de Gaulle-Adenauerscher Prägung nicht so recht von der Stelle kommen. In der Tat "kehren negative Fremd- und Feindbilder zu Beginn des neuen Jahrtausends mit einer am Anfang der neunziger Jahre nicht mehr für vorstellbar gehaltenen Intensität in den politischen Diskurs zurück", wie es dem lesenswerten Sammelband des Deutschen Polen-Instituts (DPI) in Darmstadt mit dem etwas sperrigen Titel "Die Destruktion des Dialogs. Zur innenpolitischen Instrumentalisierung negativer Fremdbilder und Feindbilder" (Harrassowitz Verlag, Wiesbaden 2007, 433 Seiten, broschiert, 24 Euro) vorangestellt wird. Die von Dieter Bingen, Peter Oliver Loew und Kazimierz Wóycicki herausgegebene, bezeichnenderweise überaus geschichtspolitisch zentrierte Bestandsaufnahme dürfte sich seit der dem Buch zugrunde gelegten Tagung aus dem November 2005 - beinahe zeitgleich mit Regierungsantritt der an Versöhnungsrhetorik unlustigen Kaczyński-Brüder - wohl kaum ins Gegenteil verkehrt haben.

Gen Ostpreußen. Reinhard Kühl ist ein aus Holstein stammender Geographielehrer, der Wurzeln in Baden-Baden geschlagen hat. Wenn er nach Osten aufbricht, dann nicht, wie einst Paul Fechter in seiner ironischen Sommergeschichte, auf der "Fahrt nach der Ahnfrau" (1935). Denn Kühl wandelt nicht auf den Spuren der Vorfahren, ist kein "Heimwehtourist". Er ist vielmehr früh der Landschaft zwischen Weichsel und Dange verfallen. Um sein Traumland endlich selbst zu erkunden, nahm er kurz vor dem EU-Beitritt Polens und Litauens Kurs gen Ostpreußen, Rußlands Königsberger Exklave auf der Strecke von Danzig nach Memel großzügig umfahrend. Im norddeutsch-trockenen Kempowski-Klang legt er nun seinen Reisebericht vor, den er "Erzählung" untertitelt (Eine Handvoll Haffwasser. Battert Verlag, Baden-Baden 2006, 151 Seiten, broschiert, 21 Euro). Und wie jede Novelle, so strebt auch Kühls Text auf eine "unerhörte Begebenheit" zu, den Diebstahl seines Kraftwagens in Memel. Im Ärger darüber kann er sich dann kaum mehr dem Zauber der Kurischen Nehrung hingeben, wie überhaupt das Opusculum darunter leidet, daß Eindrücke von Natur und Geschichte Ostpreußens gegenüber Schilderungen persönlicher Befindlichkeiten etwas blaß geblieben sind.


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