© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 10/07 02. März 2007

Ringelpiez zum Anfassen
Die Potsdamer Ausstellung beseitigt alle Zweifel, wie die Hobbits wirklich lebten
Steffen Königer

Babelsberg hat es geschafft! Zumindest bietet der Filmpark in Potsdam mit der Ausstellung zur Filmtrilogie „Der Herr der Ringe“ von Regisseur Peter Jackson etwas Einmaliges auf dem europäischen Festland: Auf knapp 1.200 Quadratmetern in der Caligarihalle sind bis zum 29. April rund 500 Exponate, Originalstücke, Bleistiftskizzen, Kostüme und Kurzfilmchen zu bestaunen. Die Ausstellung, die vom neuseeländischen Nationalmuseum Te Papa Tongarewa entwickelt wurde, begeisterte bislang schon mehr als 1,2 Millionen Besucher in Singapur, den USA, Australien und Großbritannien.

Die Verfilmung des Bestsellers von J.R.R. Tolkien, deren Produktionskosten sich für alle drei Teile auf rund 300 Millionen US-Dollar summierten, scheint nichts von ihrer Magie verloren zu haben. Allein in Deutschland haben über 22 Millionen die Geschichte von Frodo und seinen Freunden Sam, Pippin und Merry aus dem Auenland im Kino verfolgt. Weltweit spielte allein der erste Teil, „Die Gefährten“ (2001), 871 Millionen US-Dollar ein, mit den weiteren Folgen „Die zwei Türme“ (2002) und „Die Rückkehr des Königs“ (2003) erzielte die Trilogie insgesamt ein Einspielergebnis von fast drei Milliarden US-Dollar. Der letzte Teil räumte elf Oscars ab, und 2004 wurde „Der Herr der Ringe“ in der ZDF-Sendung „Unsere Besten – Das große Lesen“ zum Lieblingsbuch der Deutschen gewählt.

So werden Tausende von Ring-Anhängern den Weg nach Potsdam nicht scheuen. Im Eingangsbereich kann Fuchur, der Requisitendrache aus der „Unendlichen Geschichte“, zusehen, welch buntes Publikum sich in die Welt der Hobbits, Elben, Orks und Menschen von Mittelerde stürzt. Von Kleinkindern bis zu Großeltern sind alle Altersstufen vertreten.

Gleich hinter den Schwingtüren grüßen die Könige der Vorzeit. Sie geben einen Blick frei auf viele kleine Puzzleteile des großen Ganzen. Anfangs noch ist leichte Skepsis vorhanden, denn was kann eine Ausstellung leisten, wenn der Ring-Anhänger die zahlreichen „making off“-Beiträge aus dem Fernsehen und den Bonus-DVDs fast auswendig kennt! Doch schnell wird man eines Besseren belehrt. Die Schau vermittelt eine derartige Fülle sinnlicher Eindrücke, daß man mit der Zeit glaubt, sich in Mittelerde zu bewegen. An Skizzen vorbei, die bereits Ende der Neunziger von den Machern rund um Peter Jackson angefertigt wurden, wird ein kleiner Einblick in die Fantasie gewährt. Zeichnung und Filmrealität verschmelzen zu einer Komposition, die einmalig ist. Jeder Betrachter ist sich sicher – falls es Elben gab, sah deren Welt exakt so aus wie dargestellt.

Natürlich können nicht alle der etwa 20.000 Gegenstände, die eigens für die Filme geschaffen wurden, gezeigt werden. Doch die 500 Exponate reichen vollkommen aus, um den Wunsch auszulösen, sich wieder ins Kino zu begeben. Das Hochzeitskleid der Elbin Arwen leuchtet, und Moria, die Zwergenwelt, wird wieder lebendig. Der Höhlentroll mit seinen über vier Metern Größe ist zwar nur ein Nachbau, aber trotzdem sehr beeindruckend. An Rüstungen, Waffen und Schilden vorbei fehlen nicht die Zauberstäbe von den Istaris Gandalf und Saruman. Boromir, der bereits im ersten Teil „Die Gefährten“ im Kampf fiel, liegt so lebensecht in einem Boot, daß nicht einmal der Dreck an den Schuhsohlen fehlt. Ein Zehnjähriger steht ehrfürchtig davor und fragt seine Mutter: „… ist der echt?“

Was nicht fehlen darf, ist das komplett am Rechner kreierte Wesen Gollum: der Hobbit, der seinen Namen vergaß, weil der Eine Ring seinen Charakter Jahrhunderte lang vergiftete. Und auch in der Ausstellung hat er seinen „Schatz“ fest im Blick: Im Zentrum ist ein kreisrundes Zelt, in dem Er sich befindet: Ein Ring, sie zu knechten – sie alle zu finden. Ins Dunkel zu treiben und ewig zu binden. In einem Zylinder aus Akrylglas scheint er zu schweben, wobei die Stimme Saurons zu vernehmen ist, der nach ihm ruft.

Alles in allem sehr sehenswert, wenn auch etwas chaotisch geordnet. Laut Aussteller kamen allein in der ersten Woche weit über zehntausend Besucher, unter den Gästen wurde auch Wolfgang Joop gesichtet. Zuweilen führt der Andrang zu Wartezeiten, will man die kurzen Filmsequenzen starten, in denen Darsteller und Regisseur über den Film sprechen. Doch für jeden Hobby-Hobbit ist die Schau ein absolutes Muß, wenn Bücher und DVD nicht ausreichen, den Sehhunger zu stillen.

Fotos: Gollum: „Ein Ring, sie zu knechten – sie alle zu finden. Ins Dunkel zu treiben und ewig zu binden“; Boromir: „Ist der echt?“

Die Ausstellung ist bis zum 29. April im Filmpark Babelsberg, Eingang Großbeerenstraße, täglich von 10 bis 18 Uhr zu sehen. Tel: 03 31 / 7 21 28 00


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