© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 13/07 23. März 2007

Aufgeschnappt
Scheidung nach der Scharia
Matthias Bäkermann

Was ist ein Härtefall? Laut Meinung der Familienrichterin Christa Datz-Winter am Frankfurter Amtsgericht liegt zumindest kein Härtefall vor, wenn eine Ehefrau von ihrem Gatten geschlagen und mißhandelt wird. "Die Ausübung des Züchtigungsrechts begründet keine unzumutbare Härte gemäß Paragraph 1565 BGB", erteilte Datz-Winter einem Antrag der Rechtsanwältin Barbara Becker-Rojczyck eine Absage. Da deren Mandantin, eine aus Marokko stammende 26jährige, von ihrem Mann nicht nur geschlagen, sondern auch mit Morddrohungen wegen ihrer Trennungsabsicht konfrontiert wurde, beantragte Becker-Rojczyck, daß das obligatorische Trennungsjahr verkürzt werde, was im "Härtefall" eben auch möglich sei (Az 460F9405/06S). Als Begründung hat Datz-Winter angeführt, nach islamischer Sitte sei es eben "nicht unüblich", daß "der Mann gegenüber der Frau ein Züchtigungsrecht ausübe" - schließlich stammen die Eheleute aus dem "marokkanischen Kulturkreis". Sicherheitshalber verhängte die Richterin aber ein Näherungsverbot gegen den Marokkaner.

Die am mitteleuropäischen Rechtssystem festhaltende Anwältin hält den Bezug auf den Koran für "skandalös" und hat nun einen Befangenheitsantrag gegen Datz-Winter gestellt, der "hoffentlich in den nächsten Wochen" behandelt wird, wie sie der JF sagte. Datz-Winters vorgesetzter Richter am Frankfurter Amtsgericht, Michael Höhler, will sich derweil nicht zum laufenden Verfahren äußern. Zwar könne eine Morddrohung als "besondere Härte" ausgelegt werden, so Höhler, allerdings müsse man prüfen, "ob die Drohungen nur großspurig daherkommen".


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