© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 13/07 23. März 2007

Alle blicken nach Osten
Ekkehard Schultz

Wenn sich am 22. März auf dem Leipziger Messegelände die Tore zur viertägigen Bücherschau öffnen, setzt das kleinere Pendant an der Pleiße zum großen Frankfurter Bruder wieder auf den bewährten Blick nach Osten: So soll der diesjährige Themenschwerpunkt Slowenien Überraschendes bieten.

Denn in dem kleinen Alpenland aus der Konkursmasse der einstigen k.u.k. Monarchie hat sich nach den gesellschaftlichen Umbrüchen und dem Ausscheiden aus dem südslawischen Staatsverband schnell eine lebhafte und engagierte Literaturszene gebildet, die keinen Vergleich mit westlichen Ländern zu scheuen braucht. Diese profitiert in hohem Maße von der geographischen Lage der Republik an der Schnittstelle zwischen Westen und Balkan, welche nicht unwesentlich dazu beigetragen hat, daß Slowenien bereits seit Jahren nicht nur anhand der wirtschaftlichen Rahmendaten als der Reformstaat Nummer eins betrachtet wird.

Gemeinsam mit einer größeren Gruppe älterer Autoren, darunter eine Reihe zurückgekehrter Exilanten, bearbeiten die Jungen in ihren Werken die Folgen der Umbrüche für die Gesellschaft des Landes auf eine sehr individuelle Weise, in der nationale Einflüsse oft nicht direkt, sondern eher versteckt zum Ausdruck kommen. Davon werden sich Interessenten in Leipzig insbesondere in der "Slowenischen Nacht der Philosophie und Literatur" überzeugen können, die vom Suhrkamp-Verlag organisiert wurde und in der Universitätsbibliothek stattfindet. Unter anderem werden Slavoj Žižek, Mladen Dolar, Aleš Šteger und Tomaž Šalamun aus ihren Werken lesen und diskutieren und mit Sicherheit ihrem Publikum zur Einsicht verhelfen, daß die Provinz um die Julischen Alpen nicht nur Wintersportbegeisterten etwas zu bieten hat.

Wen dies dennoch wenig ansprechen sollte, dem bleibt wie in den vergangenen Jahren die Qual der Wahl zwischen Hunderten Lesungen und Vorträgen im Rahmen von "Leipzig liest". Für alle Freunde bibliophiler Kostbarkeiten wird wiederum eine Antiquariatmesse stattfinden. Und nicht zuletzt ist die JF wieder mit einem Stand präsent. Ist das nicht schon allein Grund genug, der alten Bürgermetropole Mitteldeutschlands einen Besuch abzustatten? Die derzeitigen städtebaulichen Widrigkeiten im Zentrum fernab des Messegeländes sollten der Reise zumindest nicht entgegenstehen.


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