© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 14/07 30. März 2007

Kampfansage an die Sozialdemokraten
Parteien: WASG und Linkspartei einigen sich auf Fusion / Bis Mitte Mai werden die Mitglieder befragt / Bisky und Lafontaine sollen Doppelspitze bilden
Josef Hämmerling

Die Luft für die SPD wird immer dünner. Die am Sonntag erfolgte Zustimmung der Parteitage der WASG und der Linkspartei, die gemeinsame Partei "Die Linke" gründen zu wollen, ist eine klare Kampfansage an die Sozialdemokraten. So erklärte Linkspartei-Fraktionschef Oskar Lafontaine auf dem Parteitag der Wahlalternative Arbeit und Soziale Gerechtigkeit, der SPD-Vorsitzende Franz Müntefering sei mit seiner arbeitnehmerfeindlichen Politik verantwortlich, "daß Hunderttausende SPD-Mitglieder aus der Partei ausgetreten sind". Und genau für diese Personen soll Die Linke die Alternative sein.

Allerdings war es am vergangenen Wochenende trotz aller Beschwörungen der Spitzen beider Parteien ein steiniger Weg, bis es zur Zustimmung zur Fusion kam. Gerade vom Berliner Landesverband der WASG gab es zum Teil massive Opposition. Diese betraf vor allem die Bundeswehreinsätze und eine mögliche Regierungsbeteiligung der neuen Partei. Nach heißen Diskussionen einigte man sich dann auf einen Kompromiß: Danach werden Bundeswehreinsätze im Inland generell abgelehnt, und auch internationale Hilfseinsätze unter dem Mandat der Vereinten Nationen seien "nicht hilfreich". Zur Frage der Regierungsbeteiligung heißt es, Die Linke werde nur unter Beachtung ihrer Grundsätze Koalitionen mit anderen Parteien eingehen - was immer das heißen mag.

"Bewegung zur Erneuerung Deutschlands"

Massive Proteste seitens der WASG gab es bei der Weigerung der Linkspartei, zwei weiteren Forderungen des Fusionspartners zuzustimmen: nämlich der Formulierung, der Personalabbau im Öffentlichen Dienst müsse gestoppt werden, sowie der Forderung, ein Bruch des Koalitionsvertrags oder anderer Abmachungen müsse automatisch zu einer Aufkündigung des Bündnisses führen. Da viele WASG-Delegierten befürchten, daß ihre Partei über kurz oder lang von der PDS aufgesogen wird, führte dies zuerst zum Beschluß, die Fusionsberatungen neu wiederaufzunehmen. Erst nach einer Intervention von WASG-Gründer Klaus Ernst sah der Parteitag doch noch von diesem Schritt ab.

Am Ende wurde die Fusion dann von beiden Parteitagen mit deutlich mehr als der notwendigen Dreiviertelmehrheit angenommen. Bei der Linkspartei stimmten mit 344 der 355 Delegierten gleich 96,9 Prozent dafür. Bei der WASG waren es immerhin 88 Prozent (322 von 370 Delegierten, bei vier Enthaltungen). Vom 30. März bis 18. Mai müssen nun noch die Mitglieder beider Parteien in Urabstimmungen der Fusion zustimmen, was aber nur Formsache sein dürfte. Für den 16. Juni ist der Vereinigungsparteitag in Berlin angesetzt. Von der PDS will deren Vorsitzender Lothar Bisky für die Doppelspitze der Partei Die Linke kandidieren, bei der WASG gilt der frühere SPD-Bundesvorsitzende Oskar Lafontaine als wahrscheinlichster Kandidat.

Diese Fusion bedeutet vor allem einen Sieg für die SED-Nachfolgepartei PDS, die bislang in den alten Bundesländern kein Bein auf den Boden bekam und in allen Landtagen deutlich unter der Fünf-Prozent-Hürde blieb. Durch den Zusammenschluß mit der WASG dürfte dieses Problem gelöst sein. So jubelte dann auch PDS-Bundestagsfraktionschef Gregor Gysi, zwar müsse seine Partei ein Stück ihrer Identität aufgeben, doch gebe es nur diesen Weg, bundesdeutsch zu werden. Und nach Ansicht von Politanalysten ermöglicht der WASG nur die Fusion mit der PDS das Überleben.

Wohin der Weg geht, zeigte die Rede Lafontaines, der sich für politische Massenstreiks in Deutschland aussprach. "Anders ist diese Republik nicht mehr zu verändern", sagte er unter dem Jubel der Delegierten und verwies dabei ausdrücklich auf das Wirken der Kommunisten Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht, an das man anschließen solle.

Als "Bewegung zur demokratischen Erneuerung Deutschlands" (Gysi) wolle man vor allem von der SPD Wähler abwerben. Und die Führungsspitzen zeigten sich überzeugt, daß dies auch gelingen werde. Der ehemalige SPD-Vorsitzende Franz Müntefering hat diese Gefahr wohl auch bereits erkannt. Pünktlich zu den Fusionsparteitagen der Linkspartei und der WASG sagte er in einem Interview mit der Bild am Sonntag, Lafontaine habe "die linke, sozialdemokratische Idee verraten". Der Vizekanzler zeigte sich überzeugt, Wähler von der neuen Partei zur SPD ziehen zu können. "Klar ist: Es wird mit der PDS auch 2009 keine Koalition geben." Mit der PDS vielleicht nicht, aber dafür mit der neuen Partei "Die Linke"?


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