© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 14/07 30. März 2007

CD: Hardrock
Nichts Neues
Jörg Fischer

Warum bringt eine mittelständische italienische Plattenfirma aus Neapel in diesem Jahr einen 26 Jahre alten Konzertmitschnitt eines US-Hardrock-Quartetts aus Kalifornien auf den überfüllten CD-Markt? Weil früher manches besser war - und das, was Sänger und Namensgeber Don Dokken, Gitarrist George Lynch, Basser Jeff Pilson und Schlagzeuger Mick Brown nach ihrer ersten Trennung im Jahr 1989 den Musikkonsumenten getrennt oder kurzzeitig wieder vereint an Neuem boten, bis auf wenige Ausnahmen allenfalls Durchschnitt.

"From Conception - Live 1981" (Frontiers Records) bringt - in hervorragender Klangqualität - vergessene Aufnahmen zu Gehör, welche die vier vor Beginn ihrer großen Weltkarriere in kalifornischen Musikklubs mitschneiden ließen. Sechs der zehn Titel sind zwar in Studioversionen von der in Deutschland aufgenommenen und 1981 bei der legendären französischen Plattenfirma Carrere Disques (die 1990 vom US-Multi Warner geschluckt wurde) erschienenen ersten Dokken-LP "Breaking The Chains" bekannt. Speziell die Live-Version des Titelstücks "Breaking The Chains" kommt mit einer solch unglaublichen Intensität und Präzision, daß die später (auf dem in Japan mitgeschnittenen Live-Doppel-Album "Beast From The East", 1988) erschienene Aufnahme nicht mithalten kann. Nach dem Titel "Night­rider" offeriert George Lynch ein fast dreiminütiges Gitarrensoli vom feinsten. Mit "Liar" gibt es einen Titel vom ersten Dokken-Demo "Back In The Streets" von 1979 und die damals ganz neuen Stücke "Goin' Down" sowie "Hit And Run", die bislang noch nicht auf CD erhältlich waren.

Während Don Dokken seine Musikerkarriere in Deutschland begann und dann wieder in seine Heimat zurückkehrte, ging David Readman aus Burnley/England den umgekehrten Weg. Der Sänger und Gitarrist meldete sich 1994 auf eine Suchanzeige in einem Musikmagazin bei den Karlsruher Hardrockern Pink Cream 69 - und spielte seither mit der "Multikulti"-Gruppe um den deutschen Gitarristen Alfred Koffler, den texanischen Bassisten Dennis Ward sowie den in der Schweiz geborenen griechischen Schlagzeuger Kosta Zafiriou sechs eher mittelmäßig erfolgreiche CDs ein. Deshalb erscheint "In10sity" (das insgesamt zehnte PC69-Album, bei den drei ersten stand Andreas Deris am Mikro) zum 20. Gründungsjubiläum längst nicht mehr beim Sony-Konzern, sondern erstmals bei Frontiers Records. Die 13 ganz auf Readmans Stimme ausgerichteten Hardrock-Stücke bieten wiederum ordentliche leichtmetallische "Hausmannskost", die vor allem bei der Damenwelt gut ankommen dürfte. Bei der abschließenden Rockballade "Last Train To Nowhere" hat Produzent Dennis Ward mit Jochen Weiher sogar einen Gastpianisten ins Studio geholt. Auch wenn der zur Entlastung des an Fokaler Dystonie (einer Musikerkrankheit) leidenden Koffler neu hinzugekommene zweite Gitarrist Uwe Reitenauer kaum herauszuhören ist, ist "In10sity" eine Empfehlung für Liebhaber des Genre.

Ebenfalls nicht Neues, aber gleichwohl hörenswerten Briten-Rock bietet das Quintett Dante Fox auf seiner dritten CD "Under The Seven Skies" (Frontiers Records). Sängerin Sue Willets gründete Dante Fox zwar bereits 1989, aber erst 1996 erschien mit "Under Suspicion" ihre erste CD, 1998 folgte "The Fire Within". Auch wenn die zehn neuen Stücke eher in US-Richtung à la Lita Ford oder Heart gehen und teilweise sogar an Evenescence erinnern, sollten auch PC69-Freunde ein Ohr riskieren. Denn Tim Manfords Gitarrenspiel ist trotz dominanter Frontfrau keineswegs in den Hintergrund gemischt worden. Und das mit Abstand beste Lied des Albums - das neunminütige Titelstück "Under The Seven Skies" - ist schon fast eine kleine Metal-Rockoper. 


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