© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 15/07 06. April 2007

UMWELT
Naturschutz in der Konsumgesellschaft
Volker Kempf

In den vergangenen Wochen ging es in Sachen Umwelt um "Hitzetote und Artensterben", also um den anthropogen verstärkten Klimawandel und seine Folgen. Politisch schien es angesagt, aktiv zu sein. Die EU-Staats- und Regierungschefs haben sogar den größten Klima-Aktionsplan ihrer Geschichte beschlossen. Um 30 Prozent sollen die Treibhausgase EU-weit bis 2020 reduziert werden. Die "EU prescht beim Klimaschutz vor", lautete daher eine der Schlagzeilen. Endlich standen Politiker als die obersten Umweltschützer da. Umweltverbände witterten die Gefahr, es würde nur viel heiße Luft in der Politik produziert. Das könne doch alles nicht sein. Selbst SPD-Chef Kurt Beck warnte davor, im technischen Umweltschutz ein Allheilmittel zu sehen.

Wer skeptisch blieb und auf der Suche nach ernüchternden Fakten war, wurde bald fündig. Bei aller Weltklimarettungsrhetorik durfte der aufmerksame Zeitungsleser am 23. März die Meldung vernehmen, wonach die EU ihren Himmel für mehr Wettbewerb im Luftverkehr öffne und damit für sinkende Preise für Flüge über den Atlantik sorge. Daß Klimaforscher im Vorfeld des EU-Klimaplans vor Flugreisen warnten, war schon wieder Schnee von gestern. Das Klima soll geschützt - doch das Fliegen noch billiger werden. Wie zufrieden können damit doch alle leben. Dazu ein nettes Lächeln unserer Bundeskanzlerin auf den Titelseiten der Presse, das Unmögliche möglich gemacht zu haben. Wir leben in einer Konsumgesellschaft, in der die Regale voller Angebote sind. Es gibt nichts, was es nicht zu haben gibt, warum dann also nicht auch die widersprüchlichsten Politikangebote in Anspruch nehmen. Wer betrogen werden will, wird damit glücklich sein.


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