© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 15/07 06. April 2007

Ehrgeizige Rundumschau
Suhrkamp gründet Verlag der Weltreligionen
Andreas Wild

Mit großer Geste und viel Aufwand hat jetzt der Frankfurter Suhrkamp-Verlag sein lang erwartetes Projekt "Verlag der Weltreligionen" der Öffentlichkeit vorgestellt. Es gab eine feierliche Soirée während der Leipziger Buchmesse im Grassimuseum, es gab machtvolle Reden der Verlagschefin Ursula Unseld-Berkéwicz und ihrer professoralen Mitstreiter, ein aufwendig gestalteter Almanach wurde präsentiert, in dem alles Mitteilenswerte über das neue Unternehmen enthalten ist.

Im Mittelpunkt stehen die "Quellenwerke" der Religionen der Welt, die unter sorgfältigster Redaktion durch Koryphäen aus aller Herren Ländern in einheitlicher, gediegener Aufmachung herausgebracht werden sollen. Das Programm reicht von den Schriften des Vedischen Brahmanismus, des Jainismus und des Buddhismus über Konfutsianismus, Daoismus und Shintoismus bis hin zu Zoroastrismus, Judentum, Christentum und Islam. Auch alle Nebenwerke, Abweichungen und Häresien von den großen Kernlehren werden berücksichtigt, Zen-Buddhismus und Sikhismus, Gnosis und Manichäertum, Kabbala und Bahai-Religion. Eigene Editionskreise sind den geistesgeschichtlich so bedeutsamen Götterwelten der alten Ägypter und der alten Griechen sowie den interreligiösen Diskursen des europäischen Mittelalters und der frühen Neuzeit gewidmet.

Begleitet werden die Originale durch interpretierende und räsonierende Einführungsbände, Essays und Monographien aus der Feder erstrangiger Theologen und Religionstheoretiker sowie durch eine Taschenbuchreihe, die den Namen des verstorbenen langjährigen Suhrkamp-Chefs Siegfried Unseld tragen wird und von der sich Ursula Unseld-Berkéwicz eine "seriöse Popularisierung" im Stile der alten "edition suhrkamp" erhofft. Als Geldgeber diskret im Hintergrund fungiert die mäzenatische Hamburger Udo-Keller-Stiftung Forum Humanum, deren erklärte Absicht die "Wiederbelebung der Frage nach dem Sinn des menschlichen Lebens" ist.

Sämtliche in Leipzig zu vernehmenden Reden stellten energisch auf die "Kontinuität" der traditionellen Verlagslinie ab, die durch die Gründung des neuen Verlags bewiesen und bekräftigt werde. Für Beobachter aber ist klar, daß dieser Verlag, sollte er sich im erhofften Sinne entfalten, einen tiefreichenden Einschnitt in die Suhrkampsche Verlagspolitik bewirken wird, eine geistig-moralische Wende um fast 180 Grad.


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