© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 17/07 20. April 2007

Ein Teufelskreis
Bundeswehr: Generalinspekteur beklagt Finanzsituation
Paul Rosen

Immer das alte Lied: Die Bundeswehr fordert mehr Geld, und die Politik windet sich, weil freie Mittel im Haushalt Mangelware sind. So ist im Entwurf des Bundeswehrplanes 2008 nachzulesen: "Für die Zukunft ist daher angesichts der gültigen politischen und konzeptionellen Vorgaben eine deutlich bessere Finanzausstattung erforderlich." Aufgeschrieben hat dies Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan.

Rund 29 Milliarden Euro erhält die Bundeswehr pro Jahr. Darin sind die Kosten für pensionierte Soldaten und Beamte enthalten. Für den reinen Betrieb stehen nur 24,2 Milliarden zur Verfügung. In Berlin wird damit gerechnet, daß es im nächsten Jahr eine leichte Aufstockung um vielleicht 500 Millionen Euro geben wird. Das soll auch der Gesichtswahrung von Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) dienen.

Reichen wird die Erhöhung nicht. Die Materialerhaltung wird immer teurer. So weist Schneiderhan darauf hin, daß die Rüstungsausgaben reduziert werden mußten, um den Mindestbedarf an Materialerhaltung finanzieren zu können. Den miserablen Zustand der Kasernen und Bundeswehr-Einrichtungen vor allem in Westdeutschland hatte bereits der Wehrbeauftragte Reinhold Robbe kritisiert. Materialerhaltung und Betriebskosten sind ein besonderes Problem. Um eine Stunde mit dem Tornado-Kampfflugzeug fliegen zu können, sind rund 20 Wartungsstunden erforderlich. Wer jetzt meint, daß Neuanschaffungen wie der Eurofighter die Betriebskosten reduzieren würden, irrt: Der Eurofighter ist im Unterhalt bereits heute teurer als der Tornado. So führt die Anschaffung neuer Systeme nicht zu Senkungen der Betriebskosten, sondern sogar noch zu Steigerungen - ein Teufelskreis.

Welche Folgerungen dies für die Einsatzbereitschaft der Truppe hat, schreibt Schneiderhan deutlich: "Die Einsatzbereitschaft kann damit auf niedrigem Niveau unter Inkaufnahme von Einschränkungen sichergestellt werden." Ein Teil des Problems wird seit Jahren beklagt, aber getan wird nichts: Großvorhaben wie der Eurofighter binden den größeren Teil der Rüstungsinvestitionen. Die Möglichkeit zur kurzfristigen Änderung der Rüstungsplanung ist daher nicht mehr vorhanden. Im Klartext: Zeigt sich aufgrund von Erfahrungen bei Auslandseinsätzen, daß es zu wenig geschützte Fahrzeuge gibt, können diese Fahrzeuge kurzfristig nicht erworben werden.

Die Probleme schlagen auf die Stimmung in der Truppe durch. Wehrdienstleistende, die erleben, mit welchen Ausstattungsproblemen sich die Bundeswehr herumschlagen muß, werden eine Verpflichtung für einen längeren Dienst oder eine Laufbahn als Zeit- oder Berufssoldat scheuen. Da durch den Geburtenrückgang besonders in den neuen Ländern die Zahl der jungen Männer in den nächsten Jahren stark sinken wird, kommt auf die Bundeswehr ein massives Nachwuchsproblem zu. Jung hofft, daß eine kleine Wehrsolderhöhung etwas Abhilfe schaffen wird.


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