© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 18/07 27. April 2007

Die Justiz ist gefragt
von Alexander von Stahl

Es war gewiß kein gute Idee von Michael Buback, Sohn des 1977 ermordeten Generalbundesanwaltes Siegfried Buback, sich mit den Informationen, die ihm der frühere RAF-Terrorist Peter-Jürgen Boock hat zukommen lassen, an die Presse zu wenden statt an die zuständigen Behörden. Daß Boock sie nach 30jährigem Schweigen ausgerechnet jetzt weitergab, legt die Vermutung nahe, daß er das Gnadenersuchen Christian Klars, über das der Bundespräsident zu entscheiden hat, günstig beeinflussen will. Rechtlich ist die Lage jedoch unverändert, denn die Mittäterschaft Klars, der seinerzeit das Fluchtauto fuhr, bleibt bestehen, auch wenn er nicht selbst die tödlichen Schüsse abgegeben hat. Ob die Kolportagen Boocks, die nur auf Hörensagen beruhen können, eine erneute Anklage gegen Stefan Wisniewski rechtfertigen, dürfte dagegen zweifelhaft sein.

Den Bundespräsidenten haben derlei Überlegungen nicht zu interessieren, zumal Gnadenerweise rechtskräftige Urteile inhaltlich nicht korrigieren sollen. Auch wurde die frühere Gnadenpraxis durch die Entscheidungsbefugnis der Gerichte, lebenslange Freiheitsstrafen vorzeitig zu beenden (Paragraph 57a Strafgesetzbuch), zurückgedrängt. Der Bundespräsident, aber auch die Politiker, die sich derzeit zu dem Fall äußern, wären gut beraten, Gerichte und Staatsanwaltschaften einfach ihre Arbeit machen zu lassen.

 

Alexander von Stahl war von 1990 bis 1993 Generalbundesanwalt.


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