© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 18/07 27. April 2007

Leserbriefe

Zum Schwerpunktthema "Die Affäre um Filbinger", JF 17/07

Aus dem Zusammenhang

"Wie sich die Bilder gleichen", könnte man ausrufen. Gestern Hohmann, heute Oettinger! In beiden Fällen haben die ewigen Vergangenheitsbewältiger Sätze aus dem Zusammenhang gerissen und den Autor "niedergemacht" - ganz im Sinne der "political correctness". Die Kritiker können sich einfach nicht vorstellen, wie es damals war, in einem solchen System zu (über)leben. Und genau darauf ist ja Oettinger in den Sätzen nach den vielzitierten Passagen eingegangen! Das kann man aber nur erkennen, wenn man die ganze Rede gelesen hat.

Wolfgang Krasenbrink, Lenzkirch

 

 

Zum Schwerpunktthema "Angriff auf Darwins Lehre", JF 16/07

Sehr bedenklich

Drei große Artikel in einer Ausgabe, die den Kreationismus beziehungsweise dessen genauso fragwürdigen Ableger "Intelligent Design" promoten, sind zumindest für mich eindeutig zuviel. Ich halte es für sehr bedenklich, wenn man einem wissenschaftlichen Sektierer wie Professor Scherer eine Plattform bietet.

Man kann ja gerne an eine höhere Macht glauben. Wenn man aber als Naturwissenschaftler allen Ernstes behauptet: "Dahinter steckt ein Genius", ohne das auch nur ansatzweise beweisen oder zumindest schlüssig begründen zu können, verläßt man ein wenig das Feld seriöser wissenschaftlicher Argumentation. Religion ist Religion, und Naturwissenschaft ist Naturwissenschaft.

Herrn Scherer stehen eine riesige Zahl von Naturwissenschaftlern gegenüber, die die Evolutionstheorie keineswegs als überholt ansehen. Angesichts der überaus dünnen Argumente einiger weniger Kreationisten oder Ex-Kreationisten wie Scherer, die den Märchenerzählern von Intelligent Design mit "viel Sympathie" gegenüberstehen, kann man wohl kaum, so wie die JF es tat, davon sprechen, daß "der Streit um die Evolution voll entbrannt" sei. Ich sehe einen solchen Streit, der die Evolutionstheorie in Frage stellen würde, in der Fachwelt nicht.

Es wäre hilfreich gewesen, wenn Sie einem Vertreter einer kleinen Minderheit zum Beispiel einen der unzähligen renommierten Wissenschaftler gegenübergestellt hätten, die die Stimmigkeit der Thesen Darwins immer wieder aufzeigen. Zum Beispiel der Evolutionsbiologe Axel Meyer von der Uni Konstanz oder den Genetiker Steve Jones vom University College London wären geeignet gewesen.

Jörg Kremer, Berlin

 

Jenseits von Meinungsdiktatur

Ich möchte Ihnen auf diesem Wege mein Kompliment für das letztwöchige Titelthema Schöpfung versus Evolution aussprechen. Die fundierte, sachlich argumentative und faire Betrachtung dieses komplizierten Themas ist in der deutschen Medienlandschaft wirklich einzigartig. Meine Hochachtung! Sie schaffen es in den verschiedenen Artikeln der jüngsten JF, Argumente und Ansichten beider Seiten zur Sprache kommen zu lassen, ohne dabei abwertend oder einseitig zu werden. Das ist es, was ich unter gutem Journalismus jenseits von Kampagnen und Meinungsdiktatur verstehe. So etwas sucht man, nicht nur bei diesem Thema, in der heutigen Medienlandschaft zumeist vergebens. Bitte weiter so!

Sebastian Buck, Stuttgart

 

"Bleib bei Deinen Leisten!"

Die meisten Artikel, die ich von Karlheinz Weißmann in Ihrer Zeitung gelesen habe, waren ein Gewinn für mich. Doch sein Leitartikel zum Thema Evolutionstheorie scheint mir kaum förderlich für ein besseres Verständnis der aktuellen strittigen Fragestellung nach dem Ursprung zu sein.

Tatsächlich kam - und kommt bis heute - der schärfste Widerspruch gegen den Darwinismus gerade nicht aus dem Bereich des Unbehagens oder der Tradition, sondern aus der Wissenschaft. Zur Erinnerung: Darwins Erbvorstellungen waren schlicht und einfach falsch, und man darf berechtigt vermuten, ideologisch motiviert. Richtig waren die Erbvorstellungen des Augustinerpaters Gregor Mendel, der im Gegensatz zu den Spekulationen Darwins wiederholbare Experimente vorlegte und sich den Haß der Darwinisten zuzog, die jahrzehntelang alles verfolgten, was irgendwie nach Mendel roch - selbst vor dem Mord am russischen Genetiker Vavilov schreckten sie nicht zurück.

Daß der Name Gregor Mendel und die damit verbundene Krise des Darwinismus in Weißmanns Artikel nicht vorkommt, offenbart entscheidende Wissenslücken und läßt ahnen, warum er die berechtigte Fragestellung der neuen Forschungsrichtung des Intelligent Design in ihrer naturwissenschaftlichen Bedeutung nicht zu erkennen vermag und ihre Berechtigung lediglich im wolkigen Bereich von Gut-Sein oder Böse-Sein verortet. Mein Rat an Herrn Weißmann: "Schuster, bleib bei Deinen Leisten!"

Fritz Poppenberg, Berlin

 

Humaner Pantheismus

Wieso sollte Darwins Evolutionstheorie eine Gottgläubigkeit der geistbehafteten Geschöpfe unseres Globus ausschließen? Das uns umgebende Universum mit seinen Naturgesetzen zeugt von einer derartigen Genialität, daß es unmöglich ohne einen schöpferischen Übergeist entstanden sein kann. Doch zwischen dieser Art Gottgläubigkeit und den heutigen Weltreligionen, die eher aus einem zeitbedingten Unverständnis sowie sich entwickelnden Machtkonstellationen heraus entstanden sind, liegen riesige Distanzen.

Ein Pantheismus Goethescher Prägung kommt heute einer zeitgemäßen Gottgläubigkeit wohl recht nahe. Ob er bei einem richtigen Verständnis seiner Grundlagen bei den heute üblichen selbstwertbedingten egomanen Zielstrebungen von Gesellschaft, Wissenschaft und Technik als allgemeine Maxime Geltung erlangen könnte, ist zu bezweifeln, solange wir uns als sogenannte "geist"-behaftete Wesen zunehmend unserer natürlichen Wurzeln entledigen und alle uns umgebenden ebenbürtigen Geschöpfe aus Fauna und Flora als ausbeutungs- und entledigungswürdige Massenprodukte betrachten.

Daß wir dabei in unserer Intelligenzmanie auch unsere letzten noch spärlich verbliebenen natürlichen Instinkte verlieren, fällt der Mehrheit unserer Spezies kaum noch auf. Der menschliche Geist und seine Intelligenz werden erst dann zu einem Gewinn für unser globales System werden, wenn sie den Schutz und die Förderung unserer Mitgeschöpfe durch eine würdige Behandlung als allgemeinen Grundsatz anerkennen. Das wäre ein beispielgebender humaner Pantheismus.

Wolf-D. Rosenblatt, Mittelbrunn

 

Lichtblick in grauen Einerlei

Die ausgezeichnete Aufbereitung des Themas Evolutionstheorie sei mir Anlaß, nach sechs Wochen "Schnuppern" zu bekennen: Die JF ist mir unverzichtbar geworden, ein Lichtblick im grauen Einerlei, ja die liebste Wochenzeitung. Bleiben Sie in aller Sachlichkeit stets "political incorrect", um die von Helmut Kohl ergebnislos ausgerufene geistig-moralische "Wende" doch noch zu schaffen. Sehen Sie auf das berechtigt Nationale bei uns, in Europa und in der Welt. Achten Sie die christliche Tradition, ohne dabei bigott zu werden. Und verbinden Sie versöhnlich und mentalitätsmäßig Preußen, Bayern und Österreich - das wäre eine publizistische Großtat!

Stefan Hartmann, Oberhaid

 

Intellektueller Gau

Daß Naturwissenschaften nicht die Stärke der JF ist, wurde von Lesern zuletzt zum Thema Klimaforschung angemerkt. Was Sie sich aber zum Thema Darwinismus und Evolutionstheorie geleistet haben, ist unerhört. Als naturwissenschaftlich gebildeter Mensch kann man die Überlegungen von Herrn Weißmann noch ernsthaft und aufmerksam lesen, das Gespräch mit Herrn Scherer noch hinnehmen, immerhin noch mit einem gewissen Interesse, aber was die Herren Zehm und Olles bieten, ist ein intellektueller Gau - mir fehlen die Worte! Bei der Werbung um neue Leser sollte die JF in Zukunft den Hinweis nicht vergessen: "naturwissenschaftliche Bildung unerwünscht".

Arno Becker, Göttingen

 

 

Zu: "Erste Antworten auf letzte Fragen" von Günter Zehm, JF 16/07

Argumente für Abtreiber

Im Artikel wird mehrfach und unkritisch der Name des "berühmten Naturforschers" Ernst Haeckel erwähnt. Zweifellos war Haeckel eine überragende Persönlichkeit, jedoch möchte ich anmerken, daß die ideologische Schattenseite dieses Mannes bis heute Tod und Unheil bedeutet.

Abgesehen davon, daß Haeckels Werk von einer naturwissenschaftlich verbrämten rassistischen Position durchzogen ist, die den Rassenwahn der Nationalsozialisten begünstigte, ist Haeckels Einfluß auch bei der Tötung Millionen Ungeborener wirksam. Durch seine "biogenetische Grundregel", die übrigens durch Fälschung zustande gekommen und längst durch die Erkenntnisse der molekularen Genetik widerlegt worden ist, läßt er die ersten Wochen und Monate eines menschlichen Embryos tierische Vorläuferstadien durchmachen. Dieser Unsinn wird teilweise bis heute in unseren Schulen gelehrt.

Dank Wissenschaftsscharlatanen wie Haeckel können Abtreibungsfanatiker behaupten, daß ein menschlicher Embryo bis zur zwölften Woche gar kein Mensch sei und ohne Problem getötet werden darf.

Sabine Braatz, Rolfsen

 

 

Zur Meldung "Bundestagspetition wirbt für Eisernes Kreuz", JF 16/07

Mehr als befremdlich

Die Empfehlung, den Bundestag per Petition zur Erneuerung des Eisernen Kreuzes für aktuelle Auslandseinsätze der Bundeswehr zu bewegen, ist mehr als befremdlich. Das Eiserne Kreuz dürfte wohl die weltweit bekannteste Auszeichnung sein. Zu dessen Mythos gehört es, daß es sich um eine temporäre Auszeichnung handelt, die unter direkter Bezugnahme auf 1813 jeweils begrenzt auf einen solchen Waffengang neu gestiftet wurde, der einen Wendepunkt der deutschen Geschichte markierte und bei dem es immer um die Existenz der Nation ging - dazu gehörte zwingend auch, daß die jeweilige Erneuerung des Eisernen Kreuzes bei Kriegsende wieder erloschen ist.

Zu Recht wäre es daher in den vergangenen Jahrhunderten als abwegig angesehen worden, das Eiserne Kreuz für Strafexpeditionen und Kabinettskriege zu inflationieren, selbst in den veritablen Kriegen von 1864 und 1866 wurde eine Erneuerung nicht einmal in Erwägung gezogen. Keine noch so gefährliche Patrouillenfahrt in Kunduz ist mit der Leipziger Völkerschlacht von 1813, dem Triumph von Sedan 1870, dem Sieg bei Tannenberg 1914 oder dem Sichelschnitt durch die Ardennen 1940 gleichsetzbar. Bei allem Respekt für die in Bundeswehrauslandseinsätzen gezeigten Leistungen deutscher Soldaten - Abteilungen "mit Schwertern" des Ehrenkreuzes der Bundeswehr und des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland wären hierfür in den allermeisten Fällen angemessen.

Sollte das in zukünftigen Einzelfällen für herausragendes Heldentum nicht ausreichen, kann im Sinne zweifellos dringend erforderlicher Anknüpfung an militärische Traditionen die Wiederbelebung der Militärklasse des Ordens Pour le Mérite erfolgen - bei Erfordernis unter gleichzeitiger Beförderung zum Leutnant.

Eine Dauerverleihung des Eisernen Kreuzes hingegen wäre gleichbedeutend mit dem unentschuldbaren Verschleudern des allerletzten noch erhaltenen Tafelsilbers der preußisch-deutschen Militärtradition.

Mark Aretz, Leipzig

 

 

Zum Leserbrief "Täter werden bestraft" von Sabine Kraiß, JF 16/07

Im Koran steht nichts anderes

Das Kind einer ostpreußischen Mutter ist vom christlichen Glauben enttäuscht und findet sich im islamischen Glauben geborgen. Doch die Autorin scheint keine richtigen Kenntnisse über das Christentum zu haben. Dies entspricht der intoleranten Praxis, über das Christentum nur Unwahrheiten zu verbreiten.

Aber auch historisch liegt die Autorin falsch, wenn sie behauptet, daß die Menschen hier tausend Jahre gelernt hätten, daß "unschuldig vergossenes Blut verherrlicht" werde - und dies im Zusammenhang mit Flucht und Vertreibung meint. In welchem deutschen Staat lebt sie eigentlich? Inzwischen wird ja selbst von Amtskirchenseite die Wesenhaftigkeit von Jesus als Gottmensch in Frage gestellt und damit sein Kreuzestod nicht mehr als Liebestat zur Erlösung der Menschheit gesehen.

Es bleibt zum Schluß die Frage, weshalb sich die Autorin überhaupt über die Greuel von Flucht und Vertreibung aufregt, heißt es doch im Koran (9,123): "O Gläubige, bekämpft die Ungläubigen, die in eurer Nachbarschaft wohnen; laßt sie eure ganze Strenge fühlen und wißt, daß Allah mit denen ist, welche ihn fürchten." Oder (9,5): "Tötet die Götzendiener, wo ihr sie auch finden mögt; oder nehmt sie gefangen oder belagert sie und lauert ihnen auf allen Wegen auf." Oder auch (4,105): "Und seid nicht säumig in Suche und Verfolgung eines ungläubigen Volkes, mögt ihr auch Unbequemlichkeiten dabei zu ertragen haben; auch sie haben deren zu ertragen so wie ihr, aber die Ungläubigen haben nicht das von Allah zu erhoffen, was ihr zu erwarten habt; Allah ist allwissend und allweise."

Es steht also im Koran nichts anderes, als den geflohenen und vertriebenen Menschen ohnehin passiert ist. Glaube, Hoffnung, Liebe gibt es nur im Christentum! 

Max Kolbe, Wunstorf

 

 

Zu: "Menschenverachtung" von Gerhard Schneider, JF 16/07

Vornehm zurückgehalten

Wie es um das Rechtsempfinden großer Teile des deutschen Volkes bestellt ist, zeigt in erschreckender Weise der von Schneider dargestellte Sachverhalt: Haßerfüllte maskierte Verbrecher stechen auf ihre wehrlosen Opfer ein und nehmen von vornherein deren Tod in Kauf. Die milden Urteile spotten jeder Beschreibung. Antifa-Gruppen verhöhnen die Opfer. Politiker und Prominente, die sonst in jeder ordinären Straßenschlägerei, je nach Belieben, einen rassistischen, faschistischen oder ausländerfeindlichen Hintergrund vermuten und ihren nicht bewiesenen Verdacht lautstark in den Massenmedien kundtun, hielten sich in diesem Fall vornehm zurück, obwohl die Tatbestände glasklar zu beweisen waren.

Gerd-Joachim Kalkowski, Hildesheim

 

"Rotlackierte Nazis"

Der geschilderte Tathergang des Mordes an Gerhard Kaindl stellt leider nur eine extreme, aber erschreckend folgerichtige Fortentwicklung von Vorgängen dar, wie man sie gleich nach 1945 in der noch ungeteilten Stadt Berlin hätte beobachten können: Im Jahr 1947 mußte nach gelenkten und gewalttätigen Demonstrationen von Kommunisten, die unter dem schon damals gepflegten Motto zum "Kampf gegen den Faschismus" standen, die demokratisch gewählte Vertretung der Stadt Berlin nach West-Berlin ausweichen.

Damals soll der Sozialdemokrat Kurt Schumacher von "rotlackierten Nazis" gesprochen haben, womit er die linksextremistischen Aktivitäten dieser Demonstranten verurteilte. Würde Kurt Schumacher heute noch leben, könnte er solche Zeitgenossen auch überall in der Bundesrepublik ausmachen. Vielleicht würde er inzwischen sogar "grünlackierte Nazis" entdecken. Es wäre gut, wenn dieses Wort des Sozialdemokraten der ersten Stunde in unserer Zeit viel häufiger in der Öffentlichkeit verwendet würde, damit nicht nur die heutigen Täter, sondern auch ihre klammheimlichen Hintermänner es etwas schwerer hätten, die Demokratie zu unterminieren.

Wulfried Heidrich, Hofgeismar

 

 

Zu: "Mozart der Theologie" von Paola Bernardi, JF 16/07

Angst vor der eigenen Courage

Was soll das Angehimmele? Der Papst ist als Oberhaupt der katholischen Kirche zugleich Leiter eines der größten Machtapparate dieser Erde. Er ist in einer politischen Zeitung daher mit der gleichen kritischen Nüchternheit zu behandeln wie andere politische Größen auch.

Johannes Paul II. hat ganz wesentlich dazu beigetragen, daß das Sowjetimperium zusammenbrach. War der bei aller Universalität etwa kein Europäer? Wenn Benedikt sich als Aufgabe gesetzt hat, Europa wieder christlicher zu machen, so wäre das doch etwas zu niedrig angesetzt. Freilich dürfte man da nicht Angst vor der eigenen Courage bekommen. Der polnische Papst hatte keine Angst, obwohl er Grund genug dazu gehabt hätte.

Dieter Backensfeld, München


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