© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 19/07 04. Mai 2007

Drohungen aus Washington
Österreich: Nach der Bawag-Bank soll nun auch der Energiekonzern OMV unter die Kuratel der US-Außenpolitik
Michael Weis

Österreich ist wieder wer. Zumindest für den Iran. Dieser feierte nämlich unlängst mit großem Medienrummel die Absichtserklärung zwischen Teheran und dem halbstaatlichen österreichischen Energiekonzern OMV über eine ausgedehnte Zusammenarbeit bei der Gasförderung.

Der zwischen der staatlichen iranischen Ölgesellschaft und der ehemaligen Österreichischen Mineralölverwaltung (ÖMV) geschlossene Vertrag über die Förderung von Erdgas im persischen Golf symbolisiert für den Iran schließlich einen "Sieg" über die USA. Denn Washington bemüht sich seit langem, jede westliche Zusammenarbeit mit der von US-Präsident George W. Bush als "Schurkenstaat" titulierten Islamischen Republik einzudämmen.

Für die inzwischen auf der ganzen Welt operierende OMV geht es bei dem Vertrag hingegen nicht um geostrategische Machtspielchen, sondern um die Sicherung des Rohstoffimports, neue Markterschließungen und eine gesteigerte Unabhängigkeit von russischen Gasimporten. Letztere wird übrigens nicht nur von Brüssel, sondern auch von Washington seit Jahren angemahnt. Und da der Iran als Land mit den weltweit zweitgrößten Erdgasvorkommen (nach Rußland) von den verantwortlichen Managern als relativ stabil eingestuft wurde, steht einer Zusammenarbeit aus Sicht der Wiener Firmenzentrale nichts entgegen.

Ähnlich sehen dies auch alle österreichischen Parlamentsparteien (außer den Grünen), die rot-schwarze Wiener Bundesregierung und selbst Amnesty International. Für sie ist das Projekt eine Chance zur friedlichen Kooperation und stabilisierenden Einbindung des Golfstaates. Ferner erhofft sich das neutrale Österreich, die zukünftig aufgrund höherer Nachfrage rapide steigenden Gaskosten über eine vom Iran ausgehende neue Pipeline möglichst effizient abfedern zu können.

Geforderte Alternative zu russischem Erdgas

Erdgas gilt schließlich als relativ umweltfreundlicher Energieträger und wird deshalb in allen energieabhängigen Brachen in stetig wachsender Menge verwandt. Hinzu kommt, daß laut Zahlen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) bereits zwischen 1999 und 2005 der Preis für Erdgas alleine in Europa um über 20 Prozent anstieg - in der gesamten OECD waren es gar über 60 Prozent - wodurch weitere Bezugsquellen als unerläßlich gelten müssen.

Nichtsdestotrotz ist die Entscheidung der OMV auch in Europa nicht unumstritten. Kritiker verweisen darauf, daß der Iran ein Staat ist, dessen Präsident Mahmud Ahmadi-Nedschad das Existenzrecht Israels in Frage stellt und nach Ansicht von Militärexperten nicht nur ein ziviles, sondern auch ein militärisches Atomprogramm verfolgt. Baldige UN-Sanktionen sind daher nicht mehr ausgeschlossen.

Allerdings ist den OMV-Verantwortlichen diesbezüglich nur bedingt etwas vorzuwerfen, tun sie doch nur das, was eigentlich alle tun. Mit Ausnahme der USA nutzt schließlich fast der ganze Westen iranisches Erdöl. Und jede Firma in der Ölbranche, die etwas auf sich hält, ist im Iran vertreten. Selbst die Uno unterstützt westliche Investitionen in dem Mullahstaat.

Die USA sehen das freilich anders. Washington bemüht sich daher, diplomatischen Druck auf das kleine Österreich auszuüben. So kritisierte das US-Außenministerium das Vorhaben aufs schärfste und ließ verlautbaren, daß es nicht die "günstigste Zeit" für Investitionen im Iran sei. Weiter hieß es aus der US-Botschaft in Wien: "Umfassende Öl- und Gasabkommen mit dem Iran senden das falsche Signal und dies noch angesichts der anhaltenden Weigerung des Iran, die Resolutionen des UN-Sicherheitsrates bezüglich seiner nuklearen Aktivitäten zu erfüllen." Man sei des weiteren nicht der Meinung, "daß man derzeit mit dem Iran business as usual betreiben kann".

Die Regierung in Washington beabsichtige deshalb, in Wien ihre Bedenken vorzutragen, und schließe Sanktionen gegen die OMV nicht aus. Derartige Sanktionen könnten dann beispielsweise auf Grundlage des 1996 unter dem damaligen US-Präsidenten Bill Clinton beschlossen Iran Sanctions Act erfolgen, der allerdings noch nie praktisch angewandt wurde. Er sieht vor, daß die USA verschiedenste Strafmaßnahmen gegen Firmen ergreifen können, die mehr als zehn Millionen Dollar (derzeit etwa 7,3 Millionen Euro) im Iran investieren. Wie lange sich Österreich und die OMV angesichts derartigen Drucks noch gegen die USA behaupten können, bleibt abzuwarten.

Klagen gegen US-Druck beim Europäischen Gerichtshof

Welchen Einfluß die US-Regierung hat, zeigt aktuell der Fall Bawag. Diese von unfähigen Managern in den Ruin gewirtschaftete österreichische Bank (JF 31-32/06) wurde unlängst vom österreichischen Gewerkschaftsbund (ÖGB) ausgerechnet an den US-Hedge-Fonds Cerberus - also an eine "Heuschrecke" - verkauft.

In der Folge zwang das Geldinstitut alle kubanischen Kunden zur Auflösung ihrer Konten. Der Hintergrund dieser bereits während der Verkaufsverhandlungen abgesprochenen und von fast allen Seiten kritisierten Aktion lag in der Verbindung von Ceberus zur US-Regierung. Diese bestand auf der Einhaltung des Helms-Burton-Act nach der Übernahme.

Dieses Gesetz verbietet US-Firmen, mit Kubanern Geschäftsbeziehungen zu unterhalten. Daß damit gegen das in der EU geltende Verbot zur Diskriminierung genauso verstoßen wird wie gegen das Verbot einer Umsetzung von US-Recht in Europa, störte weder die US-Käufer noch die verkaufende Gewerkschaft. Denn im "Zusammenhang mit der Beendigung von Geschäftsbeziehungen mit Kubanischen Staatsbürgern" entstünden für die betroffenen Kunden "keine Kosten oder Gebühren". Darüber hinaus ersetze die Bawag auch "eventuell anfallende Kosten, die beim Wechsel zu einer anderen Bank entstehen".

Und auch wenn es derzeit so scheint, als könne der Rauswurf der Kubaner nur von kurzer Dauer sein, da bereits Klagen gegen das Vorgehen der Bawag beim Europäischen Gerichtshof eingereicht worden sind, wird doch ersichtlich, wie schwer es sein kann, sich der letzten verblieben Supermacht in Dingen zu widersetzen, die ureigenste Interessen der USA (oder ihrer wichtigsten Verbündeten) tangieren.

Foto: Bau der OMV-Pipeline zum libyschen Ölfeld Shararah: US-Strafmaßnahmen gegen ausländische Firmen

Die Internetseite der OMV Aktiengesellschaft: www.omv.com


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