© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 19/07 04. Mai 2007

Sport- und Freizeitboote: Regulierungsdrang und Machtausdehnung des Staates
Den Seglern an den Kragen
Klaus Peter Krause

Das Fachmagazin Yacht spricht von einem "Frontalangriff auf den Segelsport". Es meint damit das Vorhaben, Deutschlands Sport- und Freizeitschiffer mit weiteren Reglementierungen zu überziehen. Adressaten sind vor allem Eigner und Nutzer von Segel- und Motoryachten. Ihnen drohen bestimmte Ausrüstungs-, Registrierungs- und Kennzeichnungspflichten, dazu verschärfte Vorschriften für Bootsführerscheine. Begründung: mehr Sicherheit.

Eine amtliche Kennzeichenpflicht für alle Sport- und Freizeitboote zur See klingt zunächst nicht abwegig, da alle Autos doch auch gekennzeichnet sind und das amtliche Nummernschild führen. Allerdings, gekennzeichnet sind die Boote bereits und sind es schon immer gewesen: nach dem Flaggenrecht durch ihren am Boot angebrachten Namen und Heimathafen. Das ist einfach, international gebräuchlich, reicht zur Identifikation völlig aus und läßt sich ohnehin leichter merken als eine Buchstaben-Zahlen-Kombination.

Bootsname und Heimathafen reichen vollkommen aus

Aber die Bundesregierung will die Kennzeichenpflicht trotzdem einführen. Ihre Begründung: Das erleichtere den Vollzugsbehörden und Seenotrettungsdiensten die Arbeit. In ihrer Antwort vom 15. März auf die Kleine Anfrage der FDP-Bundestagsfraktion schreibt sie: "Diebstähle, Umweltvergehen und Verstöße gegen die Verkehrsregeln könnten besser verfolgt und geahndet werden. Die Seenotrettungsdienste könnten zum Beispiel die Schiffe schneller erkennen und deren Touren nachvollziehen."

Doch ein Kennzeichenbedarf besteht für alle diese Fälle nicht. Bootsname und Heimathafen reichen für Verfolgung und Ahndung völlig aus. Die jahrzehntelange praktische Erfahrung damit bestätigt das ohnehin. Wie das Umstellen auf Nummern Verfolgung und Ahndung erleichtern sollen, ist nicht erkennbar. Beides wird sogar eher erschwert, denn Bootsname und Heimathafen sind leichter zu merken als eine Kombination mit Nummern und Buchstaben. Schon gar nicht bringen Nummernschilder für Boote und Mannschaften mehr Sicherheit. Und ist ein Boot in Seenot geraten, kommt es für den Rettungsdienst nicht darauf an, die Bootskennzeichnung schneller zu erkennen, sondern darauf, Boot und Mannschaft schnellstens zu retten.

Die Zahl der Schadensfälle und Verkehrsverstöße auf See ist bei den vielen Booten ohnehin erstaunlich gering. Tendenziell zugenommen hat sie nicht, obwohl es immer mehr Boote gibt. Jüngste Angaben der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger bestätigen das. Auch haben Hilfeersuchen der Freizeitkapitäne an diese Gesellschaft überwiegend nicht ihren Grund in akuter Seenot, sondern in technischen Defekten, hauptsächlich im Maschinenversagen. Gewiß ist jeder Schadens-, Todes-, Verletzungs- und Verkehrsverstoßfall einer zuviel. Aber die Fälle auf Null zu bringen, ist völlig lebensfremd. Wohl ist es sinnvoll, sie zu vermindern, aber das gelingt nicht durch Nummernschilder, sondern durch intensivere praktische Ausbildung.

Auch die Bootsversicherer brauchen eine Kennzeichnung mit Nummern nicht. Der führende Yachtversicherer Pantaenius in Hamburg nennt das Nummernschild "absolut unnötig". Die Kennzeichnung mit Namen und Heimathafen "reicht für uns aus". Und eine höhere Aufklärungsquote beim Yachtdiebstahl erwartet er mit dem Nummernschild nicht.

Zusätzliche Marketing-Daten für das Geschäft

Damit stellt sich die Begründung der Bundesregierung für ihr Kennzeichnungsvorhaben als vorgeschoben dar. Plausibler ist die Vermutung, das geplante bundesweite Einheitsregister für Sport- und Freizeitboote diene als Vorstufe zu TÜV, Bootssteuer und Wasserstraßen-Maut. Und wenn nicht, wäre es auf das Konto Regulierungsdrang und Machtausdehnung zu buchen. Aber auch Wirtschaftsverbände des Wassersports sind interessiert; sie erhoffen sich vom gesetzlichen Register zuverlässige Marketing-Daten für das Geschäft. Und da die Registrierung unter Verbandshoheit fallen soll, werden auch hier wirtschaftliche Interessen vermutet.

Aber nicht nur dies erbost Segler und Motorbootfahrer, sondern auch eine gesetzliche Ausrüstungspflicht und verschärfte Bedingungen für Bootsführerscheine. Gewiß ist die Ausrüstung mit Rettungswesten, Lifebelts, Sorgeleinen und Rettungsinseln notwendig und die mit Radarreflektor, UKW-Funk und Satellitennavigation sehr sinnvoll. Aber im eigenen Sicherheitsinteresse der Eigner, Vercharterer und Skipper ist das Notwendige stets vorhanden und das Sinnvolle meist. Wenn davon noch etwas fehlt, wird es von selbst angeschafft. Hinter allem stehen ebenfalls Geschäftsinteressen, Sicherheit ist der Vorwand. Jetzt gibt es Protestaktionen, Protestschreiben und Unterschriftensammlungen.


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