© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 20/07 11. Mai 2007

Kolumne
Hexenjagd und weiße Fahnen
Klaus Hornung

Die Liste der selbstverschuldeten schweren Niederlagen der CDU im Kampf mit der linken "antifaschistischen" Mehrheit der veröffentlichten Meinung ist lang und bedrückend. Sie reicht von den "Fällen" Filbinger (1978) und Jenninger (1987) bis zu Steffen Heitmann (1993), dem rot-grünen "Aufstand der Anständigen" (2000) bis Martin Hohmann (2003). Stets war das Krisenmanagement der Partei miserabel, ihr fehlender Abwehrwille und die mangelnde Solidarität in ihren Reihen atemberaubend. Immer wieder gelang es den antifaschistischen Offensiven, der großen Regierungspartei Zug um Zug die (geschichts-) politische Deutungsmacht zu entreißen.

Was sich in den letzten Wochen um die Oettinger-Trauerrede auf Hans Filbinger und dann in der Hexenjagd auf das Studienzentrum Weikersheim abspielte, stellt alles Bisherige in den Schatten: Nur Rückzug, Furcht und Feigheit vor den auftrumpfenden Medien, ein panisches "Rette sich, wer kann" vor dem inszenierten politischen Tsunami, vorauseilender Gehorsam gegenüber allen Verleumdungen der Gegner und das Hissen der weißen Flaggen nach dem Muster von Jena und Auerstedt 1806.

Ein denkender Freund aus der SPD schrieb mir, er komme aus dem Staunen nicht heraus, "was eine große Partei sich alles zumuten läßt". Die Mitgliederbasis ist zornig über die Schande, die die da oben auf sich geladen haben. Unter den jüngeren Parteimitgliedern und in der Jungen Union ist von den "linientreuen Zwergen" unter den Funktionären die Rede. Die Neunmalklugen in der Partei meinen mit dem Gestus der Überlegenheit, der Kampf gegen die 68er sei "Geschichte".

Es ist ein Vorgang von vermutlich historischem Ausmaß, wenn die Partei der bürgerlichen Mitte ihren antitotalitären Gründungs- und Grundkonsens preisgibt und sich nun dem bequemen "antifaschistischen Konsens" unterwirft. Diese antifaschistische Zivilreligion bedarf für die Stigmatisierung ihrer Gegner nicht mehr der Beweise und Argumente, ihr genügt es, nach dem Muster der Hexenjagden allein - als Ankläger und Richter zugleich - darüber zu entscheiden, ob und wer mit dem Teufel Unzucht getrieben hat. Man erwartet nur noch "Schuldbekenntnisse". Wir sind in die Zeit der Politik und des Regierens "ohne Loyalität" eingetreten, wie Volker Zastrow in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung schrieb. Nach diesem antifaschistischen Durchbruchssieg werden in der Tat die Partei und unser Land nicht mehr dieselben sein.

 

Prof. Dr. Klaus Hornung lehrte Politikwissenschaften an der Universität Hohenheim.


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