© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 21/07 18. Mai 2007

Tieftauchender Meilenstein
Bundeswehr: Die Deutsche Marine stellt mit U 34 ihr viertes Unterseeboot der Klasse 212 A in Dienst / Neuartige Brennstoffzelle
Eckard Wetzel

Die Deutsche Marine hat Anfang Mai im Eckernförder Marinestützpunkt mit U 34 ihr viertes und vorerst letztes Unterseeboot der modernsten nichtnuklearen U-Boot-Klasse der Welt übernommen. Diese von der Kieler Howaldtswerke-Deutsche Werft AG und Emdener Thyssen Nordseewerken gebauten, jeweils rund 500 Millionen Euro teuren U-Boote der Klasse 212 A sind erstmals mit einem in Deutschland seit Anfang der siebziger Jahre entwickelten Brennstoffzellen-Zusatzantrieb ausgestattet, der konventionellen dieselelektrischen U-Booten eine verlängerte Tauchzeit ermöglicht.

Bei diesem bislang weltweit einzigartigen Hybrid-Antrieb wird der direkte Brennstoffzellenantrieb für die Unterwasser-Marschfahrt und niedrige Fahrstufen im Operationsgebiet genutzt. Hohe Geschwindigkeiten werden nach wie vor mit der herkömmlichen Fahrbatterie erreicht, die entweder bei Schnorchelfahrt vom luftansaugenden Dieselgenerator oder tiefgetaucht von den außenluftunabhängigen Brennstoffzellen geladen wird.

Im Gegensatz zu den die Tiefen der Weltmeere mit Interkontinentalraketen durchstreifenden nuklear angetriebenen Giganten, die nach Beendigung des Kalten Krieges an strategischer Legitimation verloren haben, können die mit einer Einsatzverdrängung von 1.830 Tonnen angegebenen Boote der Klasse 212 A aufgrund ihres neuartigen Antriebsverfahrens eine völlig andere, den Bedürfnissen der Gegenwart entsprechende Rolle übernehmen, die auf Konfliktverhütung und Krisenbewältigung ausgerichtet ist.

Während die riesigen Atom-U-Boote durch ihr nukleares Herz infolge damit verbundener Wärme- und Schallabstrahlung leicht zu orten sind und zudem nicht ohne Probleme einmal entsorgt werden müssen, zeichnen sich die deutschen Boote mit ihren geräusch- und abgaslos arbeitenden BZ-Anlagen durch einen geringen Wartungsaufwand, aber hohen Wirkungsgrad aus. Die nach dem Prinzip der umgekehrten Hydrolyse arbeitenden Brennstoffzellen-Module erschöpfen sich nicht wie ein Blei-Akkumulator oder Brennstäbe in einem Reaktor; sie liefern Elektrizität, solange ihr Brennstoffvorräte in Form von Wasser- und Sauerstoff zugeführt werden, welche in spezieller Form mitgeführt werden. Neben dem ohne Mechanik erzeugten Gleichstrom für den Fahrmotor fällt bei der Energieumwandlung als Reaktionsprodukt einzig destilliertes Wasser an, das an Bord des Unterseebootes zum Duschen verwendet wird.

Das aufgrund seiner minimierten Signatur von Schall- und elektromagnetischen Wellen kaum zu ortende U 34 und seine Schwesterboote - diese aus amagnetischem Stahl gefertigten Jäger pirschen gewissermaßen auf äußerst leisen Samtpfoten durch die Tiefe - können vier Wochen lang im verborgenen unter Wasser operieren, ohne darauf angewiesen zu sein, an der Meeresoberfläche Luft zu schnappen und damit ihren Standort preiszugeben. So stellte U 32, das 2006 im Mittelmeer an der Anti-Terror-Übung Active Endeavour teilnahm, bereits als nichtnukleares U-Boot einen beachtenswerten Weltrekord ohne Schnorcheln auf, als es auf seinem Transit hinter Helgoland abtauchte und 15 Tage später in der Straße von Gibraltar erstmals wieder den Meeresspiegel beim Auftauchen durchbrach.

Die Boote der Klasse 212 A sind dreimal so groß wie die derzeit noch verwendeten acht Einheiten der Klasse 206 A, können unter Wasser eine maximale Geschwindigkeit von 20 Kn entwickeln, verfügen über drahtgelenkte Schwergewichtstorpedos, und ihre moderne Sensorik spezialisiert sie für verdeckte Patrouillenaufgaben.

Bei den Indienststellungsfeierlichkeiten, die im Zeichen des hundertjährigen Bestehens der deutschen U-Bootwaffe standen, bezeichnete der Befehlshaber der Flotte, Vizeadmiral Hans-Joachim Strecker, bei seiner Rede die hochmodernen Boote als "Meilensteine der Marine im Wandel der Zeit", die für Aufklärung und Nachrichtengewinnung, verdeckte Seeraumüberwachung, den Einsatz von Spezialkräften und das Sichern von Seeverbindungen benötigt würden.

Alle in Superlativen über die Vorzeigeprodukte der deutschen Werftindustrie schwelgenden Festredner verschwiegen tunlichst, daß U 34 eigentlich am 14. Dezember 2006 in Dienst gestellt werden sollte, rechtzeitig zur hundertsten Wiederkehr der Indienststellung des ersten deutschen U-Bootes, aber wegen einer schweren in norwegischen Gewässern zugezogenen Havarie mußte das Boot monatelang in die Werft.

Durch die fortschrittlichen U-Boote mit einer Besatzungsstärke von 23 bis 27 Mann haben sich die Fähigkeiten der Seestreitkräfte erweitert, welche die zur "Expeditionary Navy" mutierte Deutsche Marine in die Lage versetzen sollen, auch in weit von der hiesigen Küste entfernt gelegenen Seegebieten, in denen wegen erhöhten Bedrohungspotentials Überwassereinheiten nicht einsetzbar sind, ein Lagebild zu erstellen oder Spezialkräfte dorthin zu transportieren. Die Frage bleibt, ob dies das milliardenschwere Bauprogramm für die ersten vier und weitere geplante Boote dieses Typs rechtfertigen kann. Eine U-Boot-Flottille gibt es nicht mehr. Sie wurde 2006 aufgelöst, alle zwölf deutschen U-Boote sind als 1. U-Geschwader der Einsatzflottille 1 unterstellt worden.


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