© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 21/07 18. Mai 2007

Oldtimer machen mobil
Umweltzonen: Ausnahmen von EU-Verordnung gefordert
Christian Dorn

Zur Umsetzung der EU-Feinstaub-Richtlinie ist seit März die Kennzeichnungsverordnung (BGBl. I. S. 2218/2006) in Kraft. Sämtliche Autos sind künftig mit Schadstoff-Plaketten zu versehen (JF 10/07). Länder und Kommunen erklären bestimmte Innenstadtbereiche zu "Umweltzonen", um in ihnen den Verkehr für bestimmte Kraftfahrzeuge verbieten zu können. Doch das führt dazu, daß ein und dasselbe Fahrzeug in der Stadt A fahren darf, während es in der Stadt B einem Fahrverbot unterliegt - eine Wiederkehr der Kleinstaaterei. Eigentliches Ziel der Maßnahme ist jedoch, das Feinstaub­aufkommen in Städten zu reduzieren.

Nach derzeitigem Stand sind von der Kennzeichnungspflicht auch Benzinfahrzeuge mit einem Katalysator der ersten Generation betroffen, obwohl diese fast keinen motorbedingten Feinstaub produzieren. Daher haben Union und FDP Änderungsanträge zur Kennzeichnungsverordnung in den Bundestag eingebracht. "Was wird aus all den Oldtimerwerkstätten, den Schaustellern und Busunternehmern?", fragt der CDU-Bundestagsabgeordnete Jens Koeppen. Er fordert bundeseinheitliche Ausnahmeregelungen. Denn in Deutschland gibt es auch 470.000 Oldtimer, davon 153.000 mit dem H-Kennzeichen, das mit einem vergünstigten Steuersatz bedacht wird: wegen der Erhaltung historischen Kulturguts. Dabei ist auch der mit der Oldtimer-Szene verbundene Wirtschaftsfaktor beachtlich. 16 Milliarden Euro werden laut einer Studie der Fiva (Fédération Internationale des Véhicules Anciens) in zehn EU-Ländern mit historischen Fahrzeugen umgesetzt. In Deutschland ist dies ein Markt von 4,8 Milliarden Euro Umsatz mit etwa 55.000 Vollzeitbeschäftigten.

Die Absurdität besteht darin, daß der Staat das private mobile Kulturgut einerseits steuerlich begünstigt, die Fahrzeugeigentümer aber durch die Fahrverbote zugleich derart einschränkt, daß es einer faktischen Enteignung nahekommt. "Mobiles Kulturgut gehört auf die Straße", findet deshalb die Initiative Kulturgut Mobilität (IKM). Ihr Ziel ist es, den Denkmalschutz für Immobilien auf mobile Kulturgüter auszudehnen.

In Berlin kam es am Samstag zu einer zweiten bundesweiten Demonstration - über tausend jahrzehntealte Fahrzeuge rollten durch die Hauptstadt. Zwei Tage zuvor hatte die Berliner IKM im Oldtimermuseum "Meilenwerk" ein Rechtsgutachten von Mathias Hellriegel vorgestellt, das die Restriktionen für Oldtimer als weder verhältnismäßig noch verursachergerecht ablehnt. Denn sie würden nur einen Anteil von 0,05 Prozent an den vom Straßenverkehr emittierten Schadstoffen ausmachen.

Weitere Informationen gibt es im Internet: www.kulturgut-mobilitaet.de


Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen