© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 24/07 08. Juni 2007

LOCKERUNGSÜBUNGEN
Afrikapolitik
Karl Heinzen

Getrieben von blindem Haß übersehen die sogenannten Globalisierungskritiker nur zu gern, daß sie mit den Staats- und Regierungschefs der G-8-Länder, deren Versammlungsfreiheit sie einfach nicht tolerieren wollen, in Wirklichkeit eine stille Leidenschaft teilen: Sie alle, ob in Heiligendamm an den Konferenztischen oder weit draußen vor den Absperrungen, umtreibt gleichermaßen der Wunsch, dem afrikanischen Kontinent aus seiner Misere zu helfen.

Die prominenten Musiker, die sich in Rostock auf ihrem Protestkonzert in den Dienst dieser guten Sache stellten, standen also gar nicht so allein, wie sie sich - zumal ihnen die Autonomen in der Innenstadt ja auch noch die Show stahlen - vielleicht gefühlt haben mögen. Wären sie über ihren Schatten gesprungen und hätten in der Woche zuvor einen verschämten Blick in jene Ausgabe der Bild-Zeitung gewagt, die von dem mutmaßlichen Popstar Bob Geldof als Eintagschefredakteur dem Thema Afrika gewidmet worden war, so hätten sie aber feststellen können, daß neben Bono, Bill und Karlheinz Böhm auch Angela Merkel, Frank-Walter Steinmeier und George W. Bush so schnell wie möglich Schluß mit dem ganzen Elend da im Süden machen wollen.

Wer derartige Bekenntnisse als Heuchelei abqualifiziert, zieht aus der Geschichte die falschen Schlußfolgerungen. Es ist zwar sicher richtig, daß schon im Zeitalter des Kolonialismus die imperialistischen Staaten vorgaben, den Afrikanern im Namen erhabener Werte einen Zivilisationsschub vermitteln zu wollen. Damals verfügte man aber noch nicht über die geeigneten Technologien, um die Ressourcen des Kontinents effizient zu erschließen, so daß die diversen Schutzgebiete, von Ausnahmen abgesehen, nur mäßig ertragreich waren und ihre Verabschiedung in die Unabhängigkeit leichtfallen konnte.

Heute jedoch lockt in Afrika das große Geschäft, und der hier bislang leider uneinig operierende Westen muß aufpassen, daß ihm die Chinesen nicht die besten Brocken wegschnappen. Pekings Bemühungen sind schon weit fortgeschritten, zumal man sich nicht zu fein ist, auch mit blutbefleckten Diktatoren zusammenzuarbeiten, die ihr eigenes Land ausquetschen und dafür ansonsten weltweite Ächtung erfahren. Diese Skrupellosigkeit könnte den Chinesen aber auch zum Verhängnis werden. Wo immer es dem Westen in Afrika gelingen sollte, einen Regimewechsel hin zur Demokratie erfolgreich anzustoßen, dürften sich die Völker seinen Unternehmen zuwenden - und nicht länger jenen, die die einstige Unfreiheit finanzierten.


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